Als ich plötzlich wegen des Herzen ins Krankenhaus musste, war ich nicht ohne Angst. Es gibt einfühlsame Ärzte, aber die waren gerade nicht da. "Ich glaube, Sie haben eine Lungenembolie", spekulierte einer und verließ mein Zimmer. Ich sah ihn nie wieder, aber ich hatte auch keine Lungenembolie. Dafür kam ein Pfleger herein "Ihr Herz scheint nicht mehr zu schlagen", scherzte er, reparierte den Monitor und ging.

Im nächsten Krankenhaus wollte man einen Herzkatheter einführen. Jemand schob mich im Bett vor den OP und verschwand. So lag ich eine Dreiviertelstunde lang mutterseelenallein auf dem Flur. Hätte mal einer gesagt: "Guten Tag, es dauert noch ein wenig", aber niemand sprach mich an. Der Eingriff selber zog sich hin, ohne dass mir irgendjemand etwas erklärte. Als ich vorsichtig fragte, wie weit sie denn wären, antwortete eine Ärztin knapp: "Halbzeit". Die nahmen sich dann die Ärzte, gingen hinaus und ließen mich eine Weile allein. Manche Leser machen ähnliche Erfahrungen.

Nun wissen Mediziner schon lange, dass seelischer Stress die Gesundheit eines Patienten gefährlich beeinflussen kann. Dass aber Zuhören, Berühren und freundliche Worte die Heilungschancen verbessern. Warum geht diese Kunst des Heilens so oft verloren? Stehen manche Ärzte schon so unter Zeitdruck und verordnetem Sparzwang? Sind sie so sehr dem Fließbandstress erlegen, dass sie nicht mehr sensibel auf die Menschen eingehen können?

Respekt vor der Einmaligkeit jedes Patienten und Nächstenliebe erfordern Transparenz und Zuwendung. Gern hörte ich die Erfahrung einer Freundin, die während ihrer OP von einer Ärztin gestreichelt wurde: "Keine Angst, Sie haben es gleich geschafft." Einfache Gesten, aber wichtig. Gut, dass es auch solche Erfahrungen gibt. So klopfte es an meine Tür, und ein junger Seelsorger erschien. Setzte sich an mein Bett, überreichte mir eine Engelkarte, hörte zu und sprach ein schönes Gebet. "Na bitte, geht doch!", dachte ich und danke den vielen grünen Damen, Schwestern und Ärzten, die bei allem Druck nicht vergessen, dass ihre Patienten eine Seele haben.

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