Hamburg. Wenn jemand klatscht, ist sie zufrieden. Eilfertig sogar und besonders engagiert. Doch es ist nicht etwa Applaus, der sie antreibt. Sondern das Wissen, dass wieder Kasse gemacht wird. Eine angeblich sehr durstige Dame, die - in Begleitung eines meist durch weibliche Reize abgelenkten, mitunter nahezu willenlosen Herren - mit dem Klatschen signalisiert, dass sie ein Getränk bestellen möchte. "Dann komme ich an wie ein Hündchen", erklärt Stephanie M. und verzieht den Mund zu einem selbstironischen Lächeln. Es ist der Job der 28-Jährigen, die in einem Table-Dance-Etablissement auf der Reeperbahn arbeitet.

So läuft das Geschäft. Zumindest einmal jedoch soll sie gehörig übertrieben haben. Deshalb muss sich die zierliche Frau jetzt wegen Erpressung vor dem Amtsgericht verantworten. Einen Kunden, dem sie eine horrende Rechnung von 1480 Euro präsentierte und der nicht zahlen wollte, soll sie angeschrien und ihm gedroht haben, er müsse die Kosten begleichen, sonst werde man "bei ihm vorbeikommen". Daraufhin habe der Mann aus Angst 400 Euro von seiner EC-Karte abbuchen lassen und versprochen, den fehlenden Betrag später zu begleichen, heißt es in der Anklage.

Mit dem Herrn sei "nichts Besonderes" gewesen, wiegelt die Angeklagte ab. Er habe zwei Damen zu Getränken eingeladen. "Und als die Rechnung kam, war er geschockt. Die Kunden sind meist so fasziniert von der Weiblichkeit, dass sie nicht in die Karte gucken."

Frank H. scheint genau in dieses Raster zu passen. Heute ist dem 36-Jährigen sein Besuch in dem Etablissement offenbar unendlich peinlich. Von einem "stressigen Arbeitstag" erzählt der Mann mit der hohen Stirn. Und von seinem Wunsch, bei "ein oder zwei Bier etwas entspannen" zu wollen. In der Bar habe er sich mit einer Frau unterhalten und ihr einen Orangensaft ausgegeben. "Zum Dank wollte sie für mich tanzen, wir gingen in ein Separee." Die Dame habe weitere Getränke geordert, "immer mehr, sie klatschte dann in die Hände". Als er gefragt habe: "Wer zahlt das alles?", habe sie bloß versetzt: "Na - du!" Er habe erklärt, dass er nicht genug Geld habe. "Da sagte sie: 'Das interessiert mich nicht. Du hast doch eine EC-Karte.'" Schließlich sei eine zweite Frau zu ihnen ins Separee gekommen. Dann hätten sie weitere Getränke bestellt. Schließlich sei er wütend geworden und aufgesprungen. "Es gab eine Auseinandersetzung, und ich wurde aufgefordert, den Rest später zu begleichen." Von Drohungen erzählt er nichts mehr. Der Richter wundert sich. "Waren Sie schon mal auf dem Kiez?", möchte er vom Zeugen wissen. Durchaus, entgegnet Frank H., auch in vergleichbaren Läden. "Ich kenne mich mit den Abläufen aus." Spätestens, als die Dame auf seine Nachfrage sagte, dass er die Getränke zahlen müsse, "hätten Sie doch die Reißleine ziehen können", sagt der Richter. Da sei wohl was schiefgelaufen, meint H. kleinlaut.

Diese Einsicht nutzt der Verteidiger anzuregen, das Verfahren gegen Stephanie M. einzustellen. 400 Euro wurden abgebucht, seine Mandantin könnte die Hälfte zahlen und sie direkt dem Zeugen aushändigen. Richter und Staatsanwältin sind einverstanden. Frank H. nickt geknickt. Das Geld steckt er flugs ein, um 200 Euro weniger arm - und vor allem um eine bittere Erfahrung reicher.