Ministerium droht, den nächsten Zug mit Atommüll zu stoppen. Experten sollen Strahlenbelastung in Gorleben senken

Gorleben. Nach dem Anstieg der Strahlenwerte am Zaun des Atommüll-Zwischenlagers Gorleben ist der nächste Castor-Transport im November ungewiss. Wie das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz erklärte, werde es dem Transport der elf Behälter mit hoch radioaktivem Müll erst zustimmen, wenn die Maßnahmen des Betreibers, der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), zur Verringerung der Strahlenbelastung überprüft worden seien.

Hintergrund ist die Sorge, dass der zulässige Wert für Neutronenstrahlung in diesem Jahr überschritten werden könnte. Aufs Jahr betrachtet sind am Lagerzaun 0,30 Millisievert erlaubt, Der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz hatte dagegen einen Halbjahreswert von 0,27 Millisievert gemessen - einen Wert, der den Betreibern einen Einlagerungsstopp vorschreibt, da es sonst zu einer Überschreitung des Jahreshöchstwertes kommen kann.

Im Hinblick auf den neuen Castor-Transport im Herbst wurde die Gesellschaft für Nuklearservice aufgefordert, bis Ende September zu untersuchen, wie der genehmigte Grenzwert von 0,3 Millisievert gewährleistet werden könne. "Wir werden unabhängige Messungen veranlassen und die Konzepte der GNS überprüfen", sagt Jutta Kremer-Heye, Sprecherin des Umweltministeriums. "Ende Oktober entscheiden wir dann, ob wir den Castor-Transport genehmigen oder nicht."

Doch wie will die GNS die Strahlung reduzieren? Möglich sei, die strahlenden Behälter mit Abschirmplatten abzudecken oder sie weiter ins Innere der 7200 Quadratmeter großen Halle zu verlagern, sagt GNS-Sprecher Jürgen Auer. Bereits im Juli 2011 seien Behälter umgelagert worden - allerdings im Rahmen eines Konzepts, das auch den Terrorschutz umfasst. Doch könne dies schon zu einer Verringerung der Jahresdosis führen.

Grüne und Linke in Niedersachsen bezeichnen das Umlagern der Behälter als nicht rechtmäßig und ungeeignet. Es gebe klare Positionen, an denen die unterschiedlichen Behälter in der Halle aufgestellt werden müssten, sagt der Linken-Abgeordnete Kurt Herzog. Das dementiert GNS-Sprecher Auer. "Sobald die Aufsichtsbehörde zugestimmt hat, ist auch eine Umstellung der Behälter zulässig."

Der Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel bekräftigt die Forderung nach einem Stopp des Castor-Transports. Grenzwerte für Strahlung würden überschritten, "das heißt, dieser Transport kann nicht ins Lager". Bedenklich sei, dass bereits nach der Einlagerung von 102 Castor-Behältern die maximale Strahlengrenze erreicht sei - angelegt ist das Zwischenlager für 420 Behälter.

Die Menschen in Lüchow-Dannenberg sind alarmiert. "Wir kriegen viele besorgte Anrufe", sagt Kerstin Rudek von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Es gebe in der Region viele Kinder und Jugendliche, die an Leukämie leiden. Die Initiative habe gerade den Landkreis gebeten, das Gesundheitsamt mit einer Erhebung zu beauftragen. Außerdem habe eine bislang unveröffentlichte wissenschaftliche Untersuchung ergeben, dass im Umkreis von Gorleben weniger Mädchen als Jungen geboren würden, da weibliche Embryonen empfindlicher auf Radioaktivität reagierten.

Für Aufregung sorgt außerdem, dass die Bundesregierung Bruno Thomauske mit der Sicherheitsanalyse von Gorleben beauftragt hat. "Ausgerechnet einen früheren Vattenfall-Manager, der nach einem Brand in Krümmel seinen Hut nehmen musste", sagt Rudek.