Eine Glosse von Thomas Andre

Die neu gegründete Firma "Booktrack" trägt ihren Namen, weil sie ab sofort elektronische Bücher mit Soundtrack anbietet. Praktisch. Muss man nicht mehr zur Stereoanlage laufen und eine CD einschieben. Doch leider sind die Amerikaner etwas einfallslos. Sie wollen für ältere und neuere Klassiker (Mark Twain, Salman Rushdie) eine Hintergundbeschallung liefern, die aus Soundeffekten und sphärischen Klängen besteht. Die Musik soll sich übrigens der Lesegeschwindigkeit anpassen.

Für uns ein klassischer Fall von: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Man stelle sich jetzt mal vor, man lese den großartigen, aber auch großartig action-armen Roman "Der Zauberberg" mit langsam dahinsäuselndem Synthesizer-Schwulst. Das wäre was? Genau: kontraproduktiv. Die Kulturtechnik des Lesens hängt sehr von der Kunst des Wachbleibens ab, immer schon. Wir empfehlen zum "Zauberberg" unbedingt Sepultura. Außerdem plädieren wir für crossmediale Verknüpfungen. Wer mit erhobener Faust dem "Kommunistischen Manifest" eine Lektüre angedeihen lässt, sollte synchron bitte auch mit der laut geschmetterten "Internationalen" bedient werden. Wer die trutschige Gaby Hauptmann liest, sollte dabei unbedingt mit Trude Herr, Gitte und anderen Schlagerheimsuchungen bestraft werden. Und zu Charlotte Roche bitte nur heftiges Zeitungsrascheln in der Endlosschlaufe. Sie wissen schon: das Rauschen im Blätterwald.