Meist war er in diesem Sommer ja von Wolken verdeckt: der nächtliche Sternenhimmel. Allerdings kann man ihn dennoch erleben - so wie ich sogar tagsüber an einem verregneten Sonntagnachmittag: im Planetarium im Stadtpark. Das künstliche Sternenzelt mit untergehender Sonne, dem Mond in all seinen Phasen, Planetenbewegungen, Milchstraßen und Sternennebeln ist nicht nur technisch beeindruckend und optisch faszinierend: Es gibt vor allem zu denken. Einer der Sterne etwa - mit bloßem Auge ohne Weiteres zu erkennen - ist 2000 Lichtjahre von uns entfernt. Dort kommen also jetzt gerade die Lichtstrahlen an, die zu Jesu Lebzeiten auf den Weg gingen. Dort könnte man, ein entsprechendes Fernrohr vorausgesetzt, jetzt "live" Jesus predigend am See Genezareth und in Jerusalem beobachten. Für mich fast unvorstellbar: eine solche unermessliche Ausdehnung, deren Endpunkt wir dennoch mit dem bloßen Auge wahrnehmen können.

Unterm Sternenzelt, auch unter dem künstlichen: Man kann sich als Mensch schon unglaublich klein vorkommen. Angesichts der gigantischen Größenverhältnisse wäre es wohl noch weit übertrieben, den Menschen auch nur als "Stäubchen" im Weltall zu bezeichnen. Und dennoch - in der Tradition dessen, dessen Licht seit 2000 Jahren das Weltall durcheilt, verbreitet sich die Gewissheit, dass jeder dieser "Stäubchen-Menschen" von unendlichem Wert sei, eine eigene unverlierbare Würde besitze: dass der Name jedes Menschen in Gottes Hand eingeschrieben sei. Unglaublich, dieser Glaube.

Gelegentlich wird er aus der nivellierenden Selbstverständlichkeit herausgenommen und neu bewusst. So ging es mir unterm künstlich gestirnten Himmel im Planetarium. Es ist dort übrigens nicht nur wissenschaftlicher Kommentar zu hören. Es gibt regelmäßig auch Konzerte: Swing, Soul, Space Music oder klassische Klaviermusik. Vielleicht kommt einem dort ja der Gedanke näher, der in Beethovens letzter Sinfonie fast schon wie Sphärenmusik klingt: "Brüder, überm Sternenzelt, muss ein lieber Vater wohnen".