Anwohner und Kleingärtner protestieren gegen das Projekt. Sie fürchten Baulärm

Hamburg. "Der Ausbau der A 7 mit Überdeckelung verschiedener Abschnitte zu einer leistungsstarken Nord-Süd-Verbindung ist für Hamburg als zentraler Logistik-Knotenpunkt Nordeuropas von großer Bedeutung." Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) ist von der Qualität des Projekts überzeugt. "Wenn dabei die Anwohner im Bereich der Autobahn durch ein ausgeklügeltes Lärmschutzkonzept Lebensqualität gewinnen, kann man das Projekt nur als Paradebeispiel erfolgreicher Standortplanung bezeichnen."

Diese Anwohner haben ab Montag die Chance, Anregungen und Einwände vorzutragen. Bis zum 21. September liegen die Planfeststellungsunterlagen für den sechsspurigen Ausbau der A 7 zwischen dem Autobahndreieck Hamburg-Nordwest und der Landesgrenze mit Schleswig-Holstein öffentlich aus.

Mit Einwänden ist zu rechnen. Während Politiker und Planer stets die Vorteile des Projekts betonen - die Anwohner werden vor Lärm geschützt, Grünflächen sollen auf den Deckeln entstehen, Wohnungen auf den verkauften Flächen gebaut werden - gibt es auch Protest. Ausgerechnet die, die am dichtesten an der A 7 wohnen, sehen dem Projekt mit Skepsis entgegen.

"Eine Katastrophe", nennt Martin Kolberg, 58, den Autobahndeckel. Kolberg wohnt am Schopbachweg, in einem kleinen Backstein-Reihenhaus. Im Vorgarten blühen Hortensien, ein schmales Stück Rasen endet abrupt an einer Wand aus grauem Beton. Dahinter dröhnt die Autobahn. Kolberg hört den Lärm seit Jahren. Und trotzdem stemmen er und seine Nachbarn sich gegen die Pläne des Senats. Denn die Bauarbeiten, so die bisherige Planung, sollen vier Jahre dauern und spielen sich direkt vor der Haustür derer ab, denen sie irgendwann eigentlich zugutekommen sollen. Die Anwohner fürchten den Lärm, den Schmutz, dass die Mauern zu hoch sein könnten und aus Licht Schatten werde. Den Autolärm, sagen sie, seien sie dagegen längst gewöhnt.

"Während der Bauarbeiten werden unsere Häuser praktisch unbewohnbar", sagt Kolberg. Für ihn ist es nur ein weiteres Kapitel einer langen Leidensgeschichte. Wie viele seiner Nachbarn wohnt er schon seit Anfang der 60er- Jahre am Schopbachweg. Damals sei es eine ruhige Gegend gewesen, grün und weit entfernt von den viel befahrenen Straßen der Stadt. Frisch verheiratete Paare zogen her, die Familien gründen wollten. Dann, erinnert sich Kolberg, sei irgendwann die Rede gewesen von einer Umgehungsstraße. Jetzt leben die Anwohner an einer der meistbefahrenen Autobahnen des Landes. 152 000 Fahrzeuge passieren täglich allein den Abschnitt zwischen dem Autobahndreieck Hamburg-Nordwest und der Anschlussstelle Hamburg-Stellingen.

Eine Nachbarin überlegt sich gar, ganz wegzuziehen. 75 Jahre ist sie alt, zwei Drittel ihres Lebens wohnte sie hier. Das Haus steckt voller Erinnerungen. "Wenn die jetzt hier zu bauen anfangen, gehe ich irgendwo anders hin."

Anwohner, deren Häuser zwar an der A 7 liegen, deren Grundstücke aber nicht direkt von den Bauarbeiten betroffen sind, sehen die Dinge da schon pragmatischer. "Es ist gut, dass dieser Deckel endlich kommt", sagt Ursula Rehders, 81, "wir haben lange darauf gewartet." Nachts könne sie oft die Fenster kaum offen lassen wegen des Lärms. Die Bauarbeiten seien zwar lästig, aber da müssten sie eben durch. "Ich hoffe nur, dass sie mal nicht nur streiten, sondern endlich etwas machen."

Andere fürchten wegen des Deckels um ihr Grundstück. Für Scholastica Dey, 59, geht es nicht um ihr Haus, sondern um Ringelblumen und selbst gezogene Tomaten. 2007 hat sie 400 Quadratmeter Natur in der Kleingartensiedlung Kiesgrube südöstlich des Volksparks erworben. "Aber jetzt war die ganze Arbeit wahrscheinlich umsonst." Ihr Garten ist einer von insgesamt 550 Kleingärten, die für den Bau des Autobahndeckels geräumt werden müssen. Mit dem Verkauf der Flächen für den Wohnungsbau soll der Hamburger Anteil am Millionenprojekt finanziert werden. Ersten Berechnungen zufolge liegt der städtische Anteil bei rund 167 Millionen Euro. Nach Grundstücksverkäufen sollen für den Hamburger Haushalt rund 40 Millionen Euro übrig bleiben. Die Kleingärtner haben sich lange gewehrt, sogar ein Bürgerbegehren beim Bezirksamt Altona eingereicht. Nach einem vorübergehenden Baustopp nahm der Senat 2009 das Projekt in seine Verantwortung. Das Begehren war hinfällig, der Ärger der Kleingärtner groß. "Dieser Luxusdeckel ist ein Prestigeprojekt, mit dem sich die Politik profilieren will", sagt einer.

Vom 22. August bis zum 21. September liegen die Panfeststellungsunterlagen für den Abschnitt Schnelsen in der Dienststelle Lokstedt des Bezirksamts Eimsbüttel, Garstedter Weg 13, Raum 36 aus. Besichtigt werden können sie Montag bis Donnerstag von 8.30 bis 16 Uhr, freitags 8.30 bis 14 Uhr. Bis zum 5. Oktober können Bürger noch Anregungen einbringen.