Nach Bandenkriegen der Achtziger wurde es ruhiger auf dem Kiez. Seit 2005 fallen wieder Schüsse

Hamburg. Immer wieder gab es aufsehenerregende Gewalttaten im Rotlichtmilieu, die Macht demonstrieren, potenzielle Gegner einschüchtern oder ausschalten sollen. Revierkämpfe unter den Platzhirschen, die ihre Macht gern mit teuren Autos, edlem Schmuck und Rücksichtslosigkeit demonstrieren, entwickelten sich zumeist dann, wenn ein Machtvakuum entstand.

Legendär: die Jungluden von der Nutella-Bande oder die GMBH, die in den 80er-Jahren den Kiez kontrollierte. Ihre Bezeichnung verdankte sie den Vornamen der Bosse: Gerd, Mischa, Beatle und Harry. Der Zuhälter "Wiener Peter" engagierte den Profikiller Werner Pinzner, um sich gegen die GMBH durchzusetzen. Pinzners letzte Tat: Im Polizeipräsidium erschoss er 1986 einen Staatsanwalt, seine Frau Jutta und sich selbst.

1983 gab es zwei Tote bei einer Schießerei im Eros-Center. 1996 starben zwei Menschen im Kugelhagel bei einem Massaker im Bordell Blue Night an der Budapester Straße. Nach den Albanern in den 90er-Jahren, die ihre Macht mit äußerster Brutalität ausbauten, folgten die Hells Angels.

Nach den Bandenkriegen in den 80er-Jahren wurden Schießereien auf dem Kiez selten. Erst seit gut fünf Jahren häufen sie sich wieder. Noch halten sich die meisten Beteiligten an die Regeln auf St. Pauli. Oder wie es ein ehemaliger Polizeisprecher formulierte: "Eine Konfrontation mit der Polizei soll unbedingt vermieden werden."

2005 begann die Gewalt auf dem Kiez wieder aufzuflackern: Mitglieder der Marek-Bande, der Gruppe um den Ex-Kampfsportler Carsten Marek, schossen auf den konkurrierenden Zuhälter "Mannheimer-Peter", um ihm eine Lektion erteilen. Anfang 2007 schießt Zuhälter Omid A. im Laufhaus an der Reeperbahn um sich und traf ein Mitglied der Hells Angels am Bein. Die Rocker rächten sich 2010. Aus einem Auto wurde auf Omid A. geschossen.

Ebenfalls 2007 stürmte der als "Knochenbrecher" bekannte Marcel M. mit dem Boxer Ismael Ö. den Wandsbeker Saunaklub Tropicana. Sie schossen auf Chef "Gianni", es ging um Geschäftsbeteiligungen. Ismael Ö. wurde ein Jahr später an einer Tankstelle am Hammer Deich schwer verletzt. 40 Schüsse fielen, sie galten eigentlich "Türken-Musa", der lange Zeit den Autostrich an der Süderstraße kontrollierte und alte Rechnungen begleichen wollte.

Im Juni 2009 wurde ein Zuhälter vor dem Bordell Atmos angeschossen, im April 2010 überlebte ein 27-jähriger Zuhälter nur knapp den Anschlag zweier 23- und 25-jähriger Konkurrenten auf einem Parkplatz in Wandsbek.