Bei einer Grillparty der Familie läuft ein Sechsjähriger unbemerkt vom Spielplatz. Das Kind stirbt trotz Wiederbelebungsversuchs.

Barmbek-Nord. Auf der Wiese des Spielplatzes an der Straße Lämmersieth liegt am Mittwochvormittag immer noch die gelbe Wolldecke, daneben ein Fußball und eine Nuckelflasche mit Kakao. Die bunten Pappteller, gepunktete Servierten und zwei Einweggrills sind benutzt, der Nudel- und Kartoffelsalat angebrochen.

Die Mutter und ihre beiden sechs und zwölf Jahre alten Söhne wollten am Abend zuvor auf dem Spielplatz in Barmbek-Nord zusammen mit einem Spielkameraden der Kinder und einem Freund der Familie einen lauen Sommerabend genießen: Würstchen grillen, Fußball spielen, Spaß haben. Doch plötzlich war der sechsjährige Adreano verschwunden. Die Polizei fand ihn später leblos im Osterbekkanal an der Adlerstraße, gut 100 Meter vom eingezäunten Spielplatz entfernt. Ein Wiederbelebungsversuch gelang zunächst. Doch der Junge starb kurz darauf.

Das war geschehen: Während des Essens bemerken die Mutter und die anderen, dass der Sechsjährige nicht mehr auf dem Spielplatz ist. Sie suchen ihn, rufen seinen Namen. Doch Adreano antwortet nicht. Auch in dem etwa 50 Meter entfernten Rotklinker-Mehrfamilienhaus, in dem Adreano mit seinen Eltern, seinem Bruder und der zehn Jahre alten Schwester lebt, ist der Junge nicht. Aufgeregt alarmiert die Frau gegen 21.20 Uhr die Polizei. Die Beamten leiten daraufhin zusammen mit der Feuerwehr eine sofortige Suchaktion ein. Sie besetzen Brücken, leuchten mit starken Scheinwerfern in den dunklen Kanal, suchen den Uferbereich ab. Kurz darauf entdeckt eine Polizistin den Sechsjährigen leblos im Osterbekkanal treibend. Die Beamtin springt ins Wasser und zieht den Jungen ans Ufer.

Die Mutter muss alles mit ansehen, erleidet einen schweren Schock und muss später im Krankenhaus behandelt werden. Adreano wird vor Ort wiederbelebt und sofort ins Krankenhaus gebracht - doch dort kann ihm nicht mehr geholfen werden.

Wie es zu dem tragischen Unglück kommen konnte, ist laut Polizei noch unklar. "Vermutlich ist der Junge durch die löchrige Hecke oder den groben Holzzaun geklettert, die steile Böschung hinuntergefallen und dann ins Wasser gestürzt", sagte ein Anwohner dem Abendblatt. Er habe mitbekommen, wie die Polizei nach dem Kleinen gesucht habe. "Die gesamte Nachbarschaft ist schockiert." Es sei furchtbar traurig, dass der Junge ums Leben gekommen ist. "Aber es war absehbar, dass am Osterbekkanal über kurz oder lang etwas passiert - es hätte längst ein Zaun am Kanal gezogen werden müssen, damit so ein Unglück vermieden wird", kritisierte der Anwohner.

"Überall gibt es Löcher an der Uferbegrenzung, durch die Mädchen und Jungen schlüpfen, um am Ufer zu spielen - da war es nur eine Frage der Zeit, bis ein Kind hinunterstürzt." Er hoffe, dass die Stadt nun endlich für Sicherheit am Osterbekkanal sorge, einen Zaun aufstelle oder eine dichte Hecke pflanze.

Ob aus dem schrecklichen Unfall am Kanal Konsequenzen gezogen werden, steht noch nicht fest. "Wir warten zunächst die Ermittlungen der Polizei ab, bevor wir einen Kommentar abgeben werden", sagte Katja Glahn, Sprecherin des Bezirksamts Nord. Ob sich Bewohner des Viertels in der Vergangenheit bereits über die schlechte Ufersicherung beschwert haben, dazu wollte sich das Bezirksamt gestern ebenfalls nicht äußern.