Diese Zahl ist eine Überraschung: Hamburg erzielt 123 Millionen Euro Überschuss im ersten Halbjahr. Grund ist die gute Konjunktur.

Hamburg. Es sind zwei Zahlen, hinter denen sich eine kleine finanzpolitische Sensation verbirgt: 5,46 Milliarden und 123 Millionen Euro. Die erste Zahl beziffert die Einnahmen Hamburgs in den ersten sechs Monaten, die zweite den Haushaltsüberschuss im gleichen Zeitraum. Das bedeutet, dass Hamburg 2011 noch keinen Cent neue Schulden gemacht hat. Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) hatte für das ganze Jahr mit einer Neuverschuldung in Höhe von 650 Millionen Euro kalkuliert. Erstmals seit vielen Jahren reichen also die laufenden Einnahmen - hauptsächlich Steuern und Gebühren - aus, um alle Ausgaben inklusive Zins- und Tilgungszahlungen zu decken.

Hauptursache für die positive Haushaltsentwicklung ist die gute Konjunktur mit sinkender Arbeitslosigkeit als Folge. So sind die Einnahmen aus der Lohnsteuer im ersten Halbjahr 2011 um 80 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro gestiegen. Die Steuereinnahmen insgesamt machen 4,35 Milliarden Euro aus (1. Halbjahr 2010: 3,9 Milliarden Euro).

Der Sprecher der Finanzbehörde, Daniel Stricker, sieht zwar eine "positive Entwicklung", warnte aber vor voreiligen Rückschlüssen. "Es wäre sehr unseriös, die Zahlen einfach auf das ganze Jahr hochzurechnen." Es könne sein, dass am Jahresende wieder ein deutliches Minus in den Büchern stehe.

Seine Einschätzung hat in erster Linie mit den Unternehmenssteuern und dem Länderfinanzausgleich zu tun. Im Gegensatz zur Lohnsteuer werden Unternehmenssteuern nicht kontinuierlich jeden Monat abgeführt, sondern zu Stichtagen. Außerdem sind komplizierte Verrechnungen, Voraus- und Nachzahlungen üblich, die eine Hochrechnung schwierig machen. Auch der Länderfinanzausgleich ist sehr komplex: Je besser Hamburg im Vergleich zu den anderen Bundesländern dasteht, desto mehr muss die Stadt abgeben. Außer Hamburg haben 2011 nur Bayern, Brandenburg und Thüringen einen Überschuss in den Büchern stehen. Stricker: "Es gibt noch viele Unwägbarkeiten."

Die CDU verbuchte die gute Entwicklung auf ihrer Habenseite und verwies auf die Politik des schwarz-grünen Senats. Ihr haushaltspolitischer Sprecher Roland Heintze forderte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auf, das Schuldenverbot sofort und nicht erst 2020 einzuführen: "Das darf nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden." Heintzes SPD-Kollege Thomas Völsch sieht das anders. "Wir setzen auf eine langfristige und nachhaltige Sanierung des Hamburger Haushalts und nicht auf kurzfristige konjunkturelle Effekte und finanzpolitisches Voodoo", sagte er. In der Vergangenheit hatten höhere Einnahmen meist auch stark steigende Ausgaben zur Folge. Das Problem: Wenn das Steueraufkommen konjunkturell bedingt zurückging, blieben die Ausgaben dennoch bestehen. Entsprechend musste die Stadt hohe Kredite aufnehmen.

Bürgermeister Scholz hatte bei seinem Amtsantritt verkündet, nach dem Prinzip "pay as you go" zu haushalten - zusätzliche Ausgaben müssten an anderer Stelle eingespart werden. Außerdem soll das Haushaltsvolumen jährlich nur um ein Prozent steigen, unabhängig von den Einnahmen.