Er sei ein großer Freund des ambulanten Operierens, sagt Dr. Hannes Pietschmann, 65, denn es sei häufig kostengünstiger und vor allem nicht so belastend für die Patienten. Doch der erfahrene Hamburger Chirurg und Orthopäde, der zurzeit in einer Cuxhavener Praxis arbeitet, wo er sich auf den komplizierten Bänder- und Sehnenapparat des menschlichen Knies spezialisiert hat, weiß selbstverständlich auch um die medizinischen Grenzen der ambulanten Operation. Besonders wenn sie unter dramatischen Umständen stattfindet: In einem Lazarett der libyschen Hafenstadt Misrata hat er kürzlich schwer verwundete Opfer des Bürgerkrieges behandelt.

Pietschmann, der sich politisch in der Freien Ärzteschaft engagiert, bezeichnet sich selbst als Einzelkämpfer. Wahrscheinlich ist er das auch, denn der Grad seiner Zufriedenheit bemisst sich anscheinend vornehmlich am Wohle seiner Patienten. Echte Halbgötter in Weiß tragen auch keine verwaschenen Jeans. Und wahrscheinlich hätten sie in ihrer Freizeit anderes zu tun, als sich vier Wochen lang für Ärzte ohne Grenzen in einen Bürgerkrieg zu begeben. Freiwillig wie Pietschmann, der in Libyen sowohl Gaddafi-Gegner als auch Regierungssoldaten operierte. In Deutschland mache er ja bei der Behandlung auch keinen Unterschied zwischen Kassen- und Privatpatienten, sagt er. Auf seinem OP-Tisch seien alle Menschen gleich.