Eine Beobachtung von Elisabeth Schepe

Trauer ist in. Dieser Gedanke drängt sich dieser Tage beim Blättern im Gesichtsbuch auf. "RIP Amy! Du warst eine großartige Sängerin! Wir lieben dich", "Ich schicke all meine Liebe nach Norwegen". Partyfotos werden von Norwegen-Flaggen als Profilbild abgelöst, eine der "RIP Amy Winehouse"-Seiten hat mehr als 47 000 Mitglieder. Ein Wettbewerb ist entfacht: Wer ist am überzeugendsten tief erschüttert? Auf der Jagd nach den meisten "Gefällt mir"-Klicks verwandeln viele Facebook-Nutzer ihre Pinnwände in digitale Gedenktafeln. In all der Trauerhast kommen einige sogar ganz durcheinander. Ein User kommentierte auf einer Gedenkseite: "Ich kann nicht fassen, was Finnland da zugestoßen ist."

Dazu gesellt sich ein weiteres Phänomen: Ereignisse, die nicht verglichen werden können, werden so behandelt, als könne man ihre Tragik auf einer Skala bewerten. "92 unbekannte Seelen gegen eine der besten Soulsängerinnen unserer Zeit" argumentiert ein User. Einer Person gefällt das. "92 Unschuldige und eine, die ihren Körper mit Drogen und Alkohol selbst zerstört hat" kontert eine andere. Fünf Personen gefällt das. "Und was ist eigentlich mit Somalia?", fragen wieder andere. Ja, was ist eigentlich mit den Menschen, die in Somalia verhungern und verdursten? Und was ist mit den Opfern der Erdbeben in Japan? Zu lange her? Zu weit weg? Zu wenig "in"? Trauer als digitale Zurschaustellung. Mir gefällt das - nicht.