Quadriga-Preis schafft sich dank Demokratiedefizit selbst ab

Die deutsch-russischen Beziehungen sind so stabil und solide wie lange nicht. Dass dem so ist, hat auch mit Wladimir Putin zu tun. Wie viele Russen seit Peter dem Großen hält er viel von deutschen Tugenden und Produkten. Als Präsident und auch als Regierungschef bemühte er sich - vor allem auch mit Unterstützung aus Berlin - sein Land zu modernisieren. Angesichts der gemeinsamen Vergangenheit beider Länder nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.

Dafür könnte Putin durchaus mit einem Preis geehrt werden. Gäbe es nicht die deutsche Erregungsmaschinerie, die in den vergangenen Tagen wieder einmal auf volle Touren angelaufen ist. Zwar wird zu Recht auf die Defizite putinscher Politik verwiesen - er ist kein lupenreiner Demokrat, vor allem im Kaukasus sind Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung, auch er hat Russland nicht von Korruption und Behördenwillkür befreien können, dafür aber die Pressefreiheit eingeschränkt. Und vielleicht ist es auch richtig, dass der Beziehungspfleger Wladimir nicht vom russischen Realpolitiker Putin getrennt wird und das Komitee für die Verleihung des Quadriga-Preises die geplante Ehrung abgesetzt hat. Für Putin könnte aber auch in die Waagschale geworfen werden, dass er in einem äußerst komplizierten Land Politiker ist, das sich nicht so ohne Weiteres mit hiesigen Maßstäben messen lässt, dass er, berücksichtigt man die Ausgangslage nach dem Zerfall der Sowjetunion und den chaotischen Jelzin-Jahren, durchaus Positives geschaffen hat.

Wie auch immer, diese Diskussion hätte die Quadriga-Truppe vor der Nominierung intern führen müssen. Hier zeigen sich deren eigene Demokratiedefizite. Sie hätten zudem wissen müssen, dass Putin ein Lieblingsfeind hiesiger Linksintellektueller ist, deren Aufschrei man zum Beispiel bei der Verleihung des gleichen Preises an Afghanistans Präsidenten Hamid Karsai - auch kein Erfinder von Demokratie und Rechtsstaat - seinerzeit vermisst hat.

Der in diesen Tagen stattfindende Petersburger Dialog wird davon unberührt stattfinden. Die Führungen beider Länder haben andere Sorgen, und die preisverleihende "Werkstatt Deutschland" ist keine Regierungsorganisation, sondern eine private Initiative. Die deutsch-russischen Beziehungen werden die Preis-Posse also unbeschadet überstehen. Fragt sich nur, ob in Zukunft noch jemand für diese Ehrung nominiert werden möchte oder ob sich der Quadriga-Preis damit nicht schon selbst abgeschafft hat.