Endlich Urlaub! Unser Lustspielhaus befindet sich in der wohlverdienten Sommerpause. Wir können also mal raus aus unserer geliebten Heimatstadt. Aber wohin wollen wir verreisen? Da wir uns alle um unsere Währung sorgen, schlage ich meiner Freundin vor, eine "Europa-Tournee" zu machen. Wir bereisen nacheinander die Euro-Länder, welche am meisten Probleme bereiten, und gucken mal durch die "Kabarettisten-Brille", wie die Lage vor Ort ist.

Ups, die notwendige Auswahl unserer Reiseziele gestaltet sich bei genauerer Betrachtung umfangreicher als gedacht. Wir setzen Prioritäten. Auf nach Griechenland! Am Flughafen angekommen, müssen wir feststellen, dass, warum auch immer, noch mehr Menschen das schöne Hamburg verlassen wollen. Die Schlange am Check-in-Schalter reicht von Terminal 1 bis zum Terminal 2. Nach mehrstündigem Anstehen, Drängeln und Vordrängeln (also die anderen!) sitzen wir dann endlich im Flieger. Natürlich getrennt.

Wir sind reif für die Insel und hatten uns Kreta vorgenommen, landen aber aus unerfindlichen Gründen auf Rhodos. Nächstes Mal nehmen wir keinen Billigflieger. Als wir in unserem angeblich "kleinen, idyllischen, typischen und ruhigen Fischerörtchen" ankommen, müssen wir uns erst einmal fluchtartig in Sicherheit bringen, um nicht Opfer einer aufgebrachten, krakeelenden Menschenmenge zu werden. Unsere erste original griechische Anti-Euro-Demo?

Nach einer guten halben, verängstigten Stunde erfahren wir erleichtert, dass es sich um ein Fest der örtlichen Winzergenossenschaft handelt. Na dann Prost. Jamas.

Wir werden auf ein Gläschen eingeladen. Die Auswahl ist geradezu verlockend: entweder stark geharzt, zu sauer, flach, fast geschmacksneutral oder einfach zu süß. Offenbar griechischer Wein auf dem Land. Von dem viel besungenen guten Tropfen reicht man uns nichts. Unter stark skeptischer Beobachtung der örtlichen Weinkenner versuchen wir interessiert zu bleiben.

Als unseren überaus durstigen Gastgebern dann gewahr wird, dass wir aus "Merkel-Land" kommen, wird um uns herum verstärkt getuschelt. Die Gesichtszüge und Gestik der Umherstehenden verändern sich spürbar. Vorbeugend deeskalierend nicken wir höflich mit dem Kopf und ziehen es vor, den Ort zu verlassen, um etwas essen zu gehen. Der Wein schmeckt uns zwar nicht, er verfehlt aber dennoch nicht seine Wirkung. Wir gehen, aber nicht ohne uns nach einer echten griechischen Taverne zu erkundigen. Missmutig und wenig aufschlussreich erklärt man uns den Weg zu Stavros Taverna. Nach einem ausgiebigen Ortsrundgang werden wir dann endlich fündig. Ausgehungert, wie wir sind, ist jeder Widerstand gebrochen. Denn wenn man eines weiß: Der Grieche kann alles. Sogar nicht kochen!

Wir bestellen erst einmal gefüllte Weinblätter, "Dolmades". Denn erstens sind wir der Meinung, es passt gut zu dem, was wir schon im Magen haben, und zweitens, dass man (also der Grieche) da nichts falsch machen kann. Weit gefehlt. Wir bekommen zwar die gewünschten Weinblätter, aber die Reisfüllung fehlt. Auf Nachfragen erfahren wir von Stavros in einwandfreiem Hochdeutsch: "Das tut mir wirklich leid, aber wir Griechen müssen in diesen Zeiten alle sparen. Da wir nicht mehr zahlungsfähig sind, liefern uns die Chinesen keinen Reis mehr. Ziege oder Hammel hätte ich noch da. Ganz frisch! Im Übrigen akzeptieren wir keinerlei Kredit- oder EC-Karten, nur Barzahlung." Komisch, plötzlich haben wir keinen Hunger mehr und freuen uns auf unseren Stammgriechen in Eimsbüttel. Nur gut, dass die Griechen so viel Sonne im Jahr haben. Aber dafür können sie nichts. Na bitte, geht doch.

Nils Loenicker ist Kabarettist und Mitinhaber von Alma Hoppes Lustspielhaus. Sein satirischer Wochenausblick erscheint jeden Montag.