Bei der stürmischen Entwicklung der Europäischen Union in den vergangenen Jahren wurde vieles versäumt. Am schwersten wiegt, dass es bis heute keinen echten europäischen Arbeitsmarkt gibt. Kapital, Unternehmen und Produkte nahmen ihren Weg nach Europa. Die meisten Arbeitnehmer in den einzelnen Ländern verharrten hinter dem heimischen Herd.

Fatal ist das, weil Angst vor der Fremde und vor fremden Sprachen die Chance schmälert, Ausgleichsbewegungen zwischen starken und schwachen Arbeitsmärkten innerhalb der EU in Gang zu setzen. Schmerzlich ist es aber vor allem, weil auf keinem anderen Weg Europa so nah und intensiv erfahrbar wird wie durch eine berufliche Tätigkeit in einem anderen Land der Gemeinschaft. Wie gut sich das Kapital in Europa auch immer verzinsen mag - auch die beste Rendite bringt Europa den Menschen nicht näher. Ein Arbeitsvertrag jenseits der eigenen Landesgrenzen schon.

Besonders unrühmlich hat sich zuletzt Deutschland verhalten. Abschottung gegenüber Osteuropäern und erst recht gegenüber Ausländern von außerhalb der EU prägten das Klima. Bürger aus anderen Ländern der Gemeinschaft arbeiten nun lieber in Skandinavien oder Großbritannien. Oder sie bleiben gleich zu Hause.

Südeuropäer wie Italiener, Griechen und Spanier waren eine treibende Kraft des deutschen "Wirtschaftswunders". "Gastarbeiter" nannte man sie hochnäsig. Viele von ihnen, ihre Kinder und Enkel blieben hier und schufen bei den Deutschen ein Europa der Herzen. Heute bräuchten wir wieder ein solches europäisches Wirtschafts- und Migrationswunder. Rätselhaft, dass dies nicht gelingen will.