Es war einer dieser Abende, für die ich unsere Stadt so liebe: die Sonne glänzte auf der Außenalster, Segelboote zogen spielerisch dahin und die vielen Spaziergänger warfen lange Schatten auf die Rasenflächen. Es war der Johannistag (24. Juni) und ich war mit einer Pilgergruppe auf dem kleinen Weg von St. Jacobi zum Johannisfest in St. Gertrud. "Mitsommerpilgern" zu Beginn der Nacht.

Am Schwanenwik kam ein Jugendlicher schnurstracks auf uns zu.

"Sind Sie Christen?", fragte er, und ich nickte. "Können Sie dann für Josephine was singen? Wir feiern ihren Abschied, und sie geht für ein Jahr nach Indien." Der junge Mann lächelte uns freundlich an und brachte uns zu Josephine, die in einer großen Gruppe Jugendlicher stand. Ich stellte mich Josephine als Pilgerpastor vor und fragte sie nach ihrem Auslandsjahr. Sie erzählte auch von ihren vielfältigen Gefühlen: Freude und Angst, Aufregung und Neugier ...

Ich bot ihr an, ihr einen Reisesegen zuzusprechen, und sie freute sich, nickte schüchtern und ernsthaft. Als ich sie segnete, stellten ein paar junge Männer ihre Bierflaschen ab, andere kamen näher und waren einfach nur dabei. "...Gott bleibe in deiner Nähe, wo immer du sein wirst. Gott passe gut auf dich auf, nichts Böses möge dir geschehen, amen", schloss ich mein Segensgebet. Als wir das Vaterunser anstimmten, murmelten viele mit. Und dann sangen wir Pilger für Josephine "Geh aus mein Herz und suche Freud". Und da blieben gewiss nicht viele Augen trocken.

Wie froh ich bin, dass wir uns an diesem Tag auf den Weg gemacht hatten und auch bei Josephines Party vorbeigekommen sind. Wie gut, dass Josephine einen Freund hat, der den Mut hatte, uns anzusprechen und um ein Lied zu bitten. So konnte ganz unvermittelt, sozusagen am Weg, Segen geschehen. Josephine dankte, und wir alle gaben ihr unsere guten Wünsche mit auf den Weg für das Abenteuer Indien.

Aber auch gut, dass wir als Christen erkennbar waren, dachte ich. So konnte man uns ansprechen. Und so konnten wir unsere religiösen Schätze mit anderen teilen. Und gut, dass der Junge irgendwie ahnte, dass er bei uns etwas Besonderes finden konnte. Er hat uns mehr zugetraut, als wir meist selbst von uns preisgeben. So konnte Segen geschehen und alles in großer Freiheit und Freundlichkeit.

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