Ein Prozent mehr Gehalt bedeutet zwei Prozent mehr an den Staat. Diese Ungerechtigkeit in der Besteuerung muss ein Ende haben, fordert der Finanzexperte

Seit Wochen diskutiert die Politik, ob es eine Steuerreform geben soll und wie diese aussehen könnte. Und gerade als sich abzeichnet, dass die Koalition bereit ist, ihre Vorstellungen zu konkretisieren, wird der Termin in den Herbst verschoben. Unfassbar!

Damit wird für die Steuerzahler mehr als deutlich, dass es der Bundesregierung nicht darum geht, notwendige und von allen anerkannte Ungerechtigkeiten zulasten der Steuerzahler möglichst schnell zu beheben. Stattdessen predigt die Politik das ewige Märchen, Steuerkorrekturen ständen einer Sparpolitik entgegen, und daher sei es nicht an der Zeit "Steuergeschenke" zu verteilen. Als ob sich die Steuerzahler für dumm verkaufen ließen!

Dabei wissen die Steuerzahler sehr wohl, dass die Konjunktur brummt, die Steuereinnahmen steigen und sie damit unter den heimlichen Steuererhöhungen leiden. Die Fakten belegen, dass es sich die Politik mit ihrer Argumentation zu leicht macht und die Steuerzahler um ihren Teil am wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands betrügt!

Allein 2011 betragen die gesamten Steuereinnahmen über 555 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr werden von den Steuerzahlern 585 Milliarden Euro gezahlt. Das sind die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik! Diese Zahlen verdeutlichen die übermäßige Belastung der Steuerzahler mit Abgaben und Steuern.

Obwohl der Politik die ungerechte Besteuerung der Arbeitnehmer durch die Hintertür sehr wohl bewusst ist, kann sie sich bisher nicht dazu durchringen, die Steuerzahler von den heimlichen Steuererhöhungen zu befreien. Diese Untätigkeit ist für den Fiskus äußerst lukrativ: So werden die ohnehin schon enormen Einnahmen über die heimlichen Steuererhöhungen stetig steigen. Durch die gute konjunkturelle Entwicklung - verbunden mit Lohn- und Einkommenssteigerungen - werden sich die heimlichen Steuererhöhungen für die Steuerzahler zu einer echten Belastung entwickeln.

Mit jeder Gehaltsabrechnung wird die volle Wucht der Steuer- und Abgabenbelastung zu spüren sein. Mit fatalen Folgen für die Steuerzahler: Erhält ein Arbeitnehmer ein Prozent mehr Gehalt, muss er fast zwei Prozent mehr Steuern zahlen. Deshalb ist die Beseitigung des sogenannten Mittelschichtbauchs dringend geboten. Dadurch würde der Progressionsverlauf im Tarif gerechter, der jetzt gerade bei Lohn- und Einkommenssteigerungen im unteren Bereich eine überproportional ansteigende Steuerbelastung bewirkt. Zugleich muss der Einkommenssteuertarif automatisch der Einkommensentwicklung angepasst werden. Der Tarif ist "auf Räder" zu stellen, sodass er mit der Inflation und der Einkommensentwicklung angepasst wird. Solange das nicht der Fall ist, werden die Steuerzahler um den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland betrogen.

Die Steuerzahler sind bereit, mit ihren Steuern den Staat in einem gerechtem Maß zu finanzieren. Entscheidend ist hier das gerechte Maß. Mit den automatischen heimlichen Steuererhöhungen wird die gerechte Belastung der Steuerzahler deutlich überschritten. Tarifkorrekturen zur Eindämmung dieser heimlichen Steuererhöhungen sind daher kein "Geschenk" an die Steuerzahler, sondern Basis für eine gerechte Besteuerung. Reagiert die Politik nicht und verschanzt sich weiter hinter fadenscheinigen Argumenten, verliert sie ihre Glaubwürdigkeit.

Zugleich sollte sich die Politik intensiv mit der Frage beschäftigen, wie die öffentlichen Aufgaben kostengünstig erbracht werden können. Denn eine Konsolidierung der Haushalte über die Einnahmeseite ist zum Scheitern verurteilt. Vielmehr müssen die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden auf den Prüfstand gestellt und spürbar begrenzt werden. Die Einsparliste des Bundes der Steuerzahler allein für den Bundeshaushalt umfasst 27 Milliarden Euro pro Jahr und bietet zahlreiche Anregungen für die Bundesregierung. Die Einhaltung der Schuldenbremse und eine gerechte Beteuerung der Steuerzahler schließen sich keineswegs aus. Die Politik kann ihre Pläne jederzeit umsetzen, die Steuerzahler warten darauf.