Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Morgen rollen sie also wieder über französische Straßen, klettern die Berge im Zentralmassiv, in den Alpen und den Pyrenäen hinauf und jagen mit irrwitzigem Tempo die Abfahrten hinab. Die Tour de France war einmal eines der großen Sportereignisse des Sommers, parallel mit Wimbledon und den großen Fußballturnieren.

Nun vollbringen die Radprofis nach wie vor herausragende Leistungen, quälen sich drei Wochen lang so sehr, wie sich das die meisten anderen Sportler kaum vorstellen können. Doch niemanden dürfte es überraschen, wenn die Resultate der Tour in der "Apotheken-Umschau" veröffentlicht würden. Seriöse Wissenschaftler sagen, Rekordfahrten auf diesem Niveau seien ohne die Hilfe der Pharmazie kaum möglich. Spritzensport der ersten Kategorie. Die ersten Muntermacher wurden bei einem Teambegleiter ja auch schon sichergestellt.

Und zu allem Überfluss darf Alberto Contador, der Beste im Feld, morgen an der französischen Atlantikküste starten, obwohl er der Einnahme verbotener Substanzen überführt wurde. Auf Deutsch heißt das Doping. Die finale Verhandlung gegen den Spanier, der seit seinem positiven Clenbuterol-Befund zum Vegetarier mutierte, findet erst nach der Tour statt. Das ist, als würde Sebastian Vettel mit größerem Motor starten, Dirk Nowitzki Sprungfedern unter den Turnschuhen haben oder der FC St. Pauli mit zwölf Spielern antreten - und die Sportverbände sagten: Lass sie mal, wir reden hinterher drüber.

Schade. Statt ihren Sport gesünder und damit ehrlicher zu machen, radeln die Verantwortlichen des Radsports munter ins Abseits.