Wie die Bahn die Käfer-Stadt links liegen ließ und das Wachbataillon der Bundeswehr eine Fahrt nach Hamburg verhinderte

Wolfsburg - und das wollen wir nicht vergessen - ist eine Stadt mit einer großen heroischen Vergangenheit. Ich sage nur 2009, Felix Magath, der Brasilianer Grafite, Steilwand, Medizinbälle. Steiler Weg nach oben. Damals nämlich wurde die Autostadt deutscher Meister. Fußballmeister!

Inzwischen ist der VfL Wolfsburg mit äußerster Mühe knapp am Abstieg aus der Bundesliga vorbeigeschrammt. Wolfsburg, das kann man zurzeit echt vergessen, wie das Fußballfans mit einer wegwerfenden Handbewegung sagen. Aber echt vergessen!

Das hat der Lokführer eines ICE von Hamm nach Berlin am Dienstagmorgen allzu wörtlich genommen. Er hat Wolfsburg einfach links liegen lassen. Ohne Halt überfahren. Die Bahnkunden, die auf ihrem Wechsel von der Schiene zur Straße ihren Golf oder Tuareg abholen wollten, blickten erschrocken durch die unerbittlich geschlossenen klimaanlagenresistenten Fenster. Wolfsburg flog vorbei. Auf einmal waren sie in Berlin. Nur 200 Kilometer später. Dort mussten sie umsteigen und kamen erst drei Stunden später endlich in Wolfsburg an.

Ein neuer teuflischer Plan zur Fahrgästemisshandlung der Deutschen Bahn im Kampf gegen alle vier Jahreszeiten und alle technischen und digitalen Neuerungen? Das glaube ich nicht.

Ich war am gleichen Dienstag, allerdings nachts, von Berlin ebenfalls nicht nach Hamburg gefahren. Um 22 Uhr 58. Als ich zum Hauptbahnhof kam, stand da, dass der Zug ausfällt. Wegen Unwettern, wie ich erfuhr. Macht nichts, dachte ich gott- und bahnergeben. Und suchte und fand ein Hotel. Als ich am nächsten Morgen zum Bahnhof fuhr, hielten wir bei Rot vor dem Präsidentenschloss Bellevue.

Dort war ein roter Teppich ausgerollt, und das Wachbataillon der Bundeswehr machte gerade "Rechts um!", zog ohne klingendes Spiel im Gleichschritt durch das offene Tor über die Straße. Alle drei Waffengattungen, Luftwaffe, Heer, Marine in drei Farben, drei Sorten Mützen. Das dauerte. Zu viel der Ehre, dachte ich. Vielleicht habe ich ja Glück, und mein Zug hat Verspätung. Aber, unerforschliche Bahn! Sie war diesmal pünktlich und ich also zu spät.

Übrigens ist die Käferstadt Wolfsburg auch der Geburtsort des Nationalhymnen-Dichters Hoffmann von Fallersleben. Und der hat in der vergessenen zweiten Strophe gedichtet: "Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang / Sollen in der Welt behalten ihren alten guten Klang!"

Wein, Weib und Gesang? Wäre das nicht mindestens eine Hymnen-Strophe für die Frauenfußball-WM?