Dirk Ciper, 48, ist Rechtsanwalt in Hamburg und spezialisiert auf Medizinrecht

1. Hamburger Abendblatt:

Wenn Ärzte Fehler machen, drohen schlimme Folgen. Werden Patienten ausreichend über ihre Rechte aufgeklärt?

Dirk Ciper:

Es gibt zahlreiche Anlaufstellen wie den Deutschen Patientenschutzbund, an den sich Patienten, die den Verdacht einer Fehlbehandlung hegen, wenden können. Der Betroffene kann auch, sollte er zunächst auf einen Anwalt verzichten wollen, ein entsprechendes Gutachten über den Medizinischen Dienst seiner Krankenkasse einholen lassen oder die Schlichtungsstelle der Ärztekammer einschalten.

2. Bei Knie- und Hüftoperationen im Krankenhaus gibt es die meisten Fehler. Stehen die Ärzte unter zu hohem Arbeitsdruck?

Ciper:

Die Vielzahl der fehlgeschlagenen Operationen lässt sich auch mit der Quantität dieser Operationen begründen. Bundesweit werden jährlich über 160 000 künstliche Hüftgelenke eingesetzt. Aufgrund der Schwierigkeit dieser Behandlungen sind eine besondere Qualität und Erfahrung des Operateurs erforderlich und einwandfreie Prothesen. Es kommt immer wieder zu Rückrufaktionen von Prothesenherstellern.

3. Wie viele Fehler passieren schon bei der ärztlichen Diagnose?

Ciper:

Fehlerhafte oder verspätete Diagnosen stellen einen der Hauptschwerpunkte in der anwaltlichen Bearbeitung ärztlicher Fehlbehandlungen dar. Dabei sind verspätete Karzinomdiagnosen für die Betroffenen von erheblicher Bedeutung. Gerade bei rasch fortschreitenden Tumoren kann eine Verzögerung von wenigen Tagen schon fatale Wirkung entfalten. In der Regel handelt es sich bei den Diagnosefehlern um fehlgedeutete Röntgenbilder oder die Verkennung von Symptomen.

4. Wie viel Zeit vergeht von einer Beschwerde bis zum Urteil?

Ciper:

Es gibt Fälle, in denen nach einigen Wochen oder Monaten eine Regulierung durch den Haftpflichtversicherer des Mediziners oder Krankenhauses vorgenommen wird. Durchschnittlich kann man feststellen, dass ein Arzthaftungsprozess zwischen zwei und drei Jahren dauert. Das Schmerzensgeld für eine falsch eingesetzte künstliche Hüfte dürfte mit 50 000 bis 70 000 Euro zu bemessen sein.

5. Ist das Grundvertrauen zwischen Arzt und Patient auch wegen der Vielzahl medizinischer Ratschläge im Internet stärker gestört?

Ciper:

Eigentlich nicht. Belastet sein dürfte allerdings das Grundvertrauen der Geschädigten in die Versicherungswirtschaft, was die Regulierungspraxis von eindeutigen Fällen angeht. In solchen Fällen sollte ein Versicherer zügig und angemessen den Schaden ausgleichen. Hier wäre die Politik gefordert, diesen Verweigerungs- und Verzögerungstaktiken entgegenzuwirken.