Lokführer von Metronom und NOB fordern gleichen Tarifvertrag wie bei der Deutschen Bahn

Hamburg. "Die streiken schon wieder; ich komme später nach Hause", sagt Jörg Frey, 50, in sein Handy und rollt dabei genervt mit den Augen. Der Lackierer pendelt jeden Tag zwischen Lüneburg und Hamburg mit dem Metronom. "Vier Urlaubstage musste ich wegen der Bahnstreiks in diesem Jahr schon nehmen", sagt er. Es ärgert ihn, dass die Konflikte auf Kosten anderer Leute ausgetragen werden.

Die Lokführer der Privatbahnen streiken in dem schon Monate dauernden Tarifstreit schon wieder seit mehreren Tagen - seit Freitag bei der Nord-Ostsee-Bahn (NOB), seit Montagmittag beim Metronom. Dies hatte für teilweise chaotische Zustände auf Hamburgs Bahnhöfen gesorgt. Besonders ärgerlich war für viele Reisende, dass sie dieses Mal von dem Streik bei der Bahngesellschaft Metronom überrascht wurden, da er nur eine Stunde vor Beginn angekündigt wurde.

Auch Jörg Frey hätte sonst noch auf die Deutsche Bahn (DB) ausweichen können. Aber das hätte ihn 28 Euro Aufschlag gekostet. "Da kann ich ja gleich mit dem Auto fahren", sagt er. Studentin Sina Wagner, 22, hat die Mehrkosten auf sich genommen. Sie will nach Bremen. "Die 25 Euro sind für mich eine Menge Geld", sagt sie.

Insgesamt seien 65 Prozent aller Metronom-Züge ausgefallen, teilte das Bahnunternehmen gestern mit. Am stärksten sei die Strecke Cuxhaven-Hamburg betroffen. Die Metronom-Betreiber boten zwischen Cuxhaven und Stade Ersatzbusse an. Die Züge des Unternehmens pendeln zwischen Hamburg, Cuxhaven, Bremen, Hannover und Göttingen.

Bei der NOB fiel nach Angaben der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) etwa jeder zweite Zug aus. Hier gilt seit Freitag ein Basisfahrplan. Von dem reduzierten Angebot sind vor allem die Zugfahrer mit Ziel Sylt betroffen. Der Streik fällt zudem in die Zeit der Kieler Woche, sodass sich die NOB auf ihrer Strecke Husum-Kiel nicht nur mit dem Problem fehlender Zugführer konfrontiert sah, sondern auch mit zusätzlichen Fahrgästen.

Ein Ende der Streiks ist nach Angaben der GDL bisher nicht absehbar.

Auch bei der AKN, die vor allem Pendler zwischen Hamburg und dem südlichen Schleswig-Holstein nutzen, droht den Reisenden nach einer Streikpause wieder Ärger. "Es könnte schon bald wieder mit Streiks losgehen bei der AKN", sagte Lutz Schreiber, der Vorsitzende der GDL Nord, dem Abendblatt.

Hintergrund der Arbeitsniederlegungen sind die noch immer festgefahrenen Verhandlungen zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und den privaten Bahnunternehmen wie Metronom, AKN und NOB über bundesweit einheitliche Tarifstandards. Die Bahnunternehmen hatten zwar Gehaltsverbesserungen angeboten, lehnen bundesweit einheitliche Standards aber ab. Die Gewerkschaft will gleiche Arbeitsbedingungen für sämtliche 26 000 Lokführer in Deutschland durchsetzen. Eine solche Vereinheitlichung soll verhindern helfen, dass die Privatbahnen mit Niedriglöhnen Ausschreibungen neuer Strecken gewinnen.

Für den Großteil der Lokführer hat die Gewerkschaft dieses Ziel bereits erreicht. Bei der Deutschen Bahn arbeiten 75 Prozent der Lokomotivführer, die im Schnitt 2700 Euro im Monat verdienen. Für diese Mitarbeiter hat die GDL bereits einen Bundesrahmentarifvertrag durchgesetzt. Diesem Vertrag sollen sich die privaten Bahnen nach dem Willen der GDL nun anschließen. Bei der Metronom-Gesellschaft verdienten die Lokführer aber bereits auf dem Niveau der Deutschen Bahn, argumentiert das Eisenbahnunternehmen.

Noch verworrener wird der Konflikt, weil die Arbeitgeber darauf verweisen, dass sie sich mit der bedeutenderen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und der Deutschen Bahn bereits vor Monaten auf einen Branchentarifvertrag geeinigt haben: Es geht bei der Auseinandersetzung also längst nicht nur um die Löhne der Lokführer, sondern auch um einen Machtkampf der Gewerkschaften.