Stellingen. Graue Schläfen, ein athletischer Körper und dazu dieser durchdringende Blick. Georges Anwesenheit lässt das Adrenalin nicht nur bei Frauen in die Höhe schnellen. "Er ist definitiv unser elegantester Hai", sagt Dr. Guido Westhoff, Leiter des Tropen-Aquariums in Hagenbecks Tierpark. Eine Begegnung mit dem Grauen Riffhai steht der mit Hollywood-Beau und Namenspatron George Clooney dann auch in nichts nach. Na gut, sagen wir mal in fast nichts.

80 Zentimeter lang war der männliche Hai, als es vor vier Jahren nach Hamburg kam. Mittlerweile hat er eine Länge von 1,60 bis 1,80 Metern erreicht. "Ich schätze ihn auf mindestens acht Jahre", sagt Westhoff, doch genauer lässt sich das nicht bestimmen: George ist, wie auch seine beiden Damen, ein Wildfang, den der Tierpark von einem Fischhändler in Australien bezogen hat. Seitdem ziehen die drei Grauen Riffhaie gemeinsam mit ihren Verwandten, den Schwarzspitzen-Riffhaien, und unzähligen anderen Meeresbewohnern ihre Bahnen durch das Große Hai-Atoll. Das 1,8 Millionen Liter Wasser fassende Aquarium ist eines der größten in Europa - und wird regelmäßig von Guido Westhoff und seinen Kollegen bei einem Tauchgang inspiziert.

"Alle zwei Wochen tauchen wir zu zweit im Hai-Atoll, alleine schon, damit die Tiere sich an unsere Anwesenheit gewöhnen", sagt der Biologe. Wichtig dabei: Die Taucher gehen immer nacheinander hinein, nicht nebeneinander, "um nicht so massiv zu wirken und den Haien nicht den Weg abzuschneiden".

Graue Riffhaie sind sehr territorial und Angriffe auf Taucher habe es in der Natur schon gegeben, sagt Westhoff. "Ich habe bereits Ansätze von dem Warn-Verhalten der Haie bei uns im Aquarium gesehen - dann drücken wir uns an die Wand und verhalten uns still, und dann beruhigen sich die Tiere auch schnell wieder."

Knurren oder fauchen, die Ohren anlegen, mit den Hufen scharren - all das können Haie nicht. Wie also drückt ein Hai aus, dass man ihm in die Quere gekommen ist und lieber das Weite suchen sollte? "Das ist sehr deutlich zu sehen", sagt Westhoff. "Die Haie ziehen die Nase nach oben, drücken den Rücken durch, stemmen die Brustflossen nach unten und krümmen sich dazu von links nach rechts, was wie ein Schaukeln aussieht." Dieses Verhalten zeigen sie recht lange vor einem Angriff. Man muss es nur zu deuten wissen.

Der Graue Riffhai ist im Indopazifik und im Roten Meer beheimatet, wo er vorwiegend Außenriffe besiedelt. Als typische Vertreter ihrer Art, sagt Westhoff, seien die drei Tiere ständig in Bewegung, da die Kiemen einen beständigen Wasserdurchfluss zur Sauerstoffaufnahme benötigen. So schlafen die Haie auch während des Schwimmens - wie genau, ist noch nicht vollständig erforscht, so der Aquariums-Leiter.

Wenn George ein Weibchen zum Anbeißen findet, hinterlässt das Spuren

Besser Bescheid wisse man über das Sexleben des Filmstars (George ziert sicherlich mehr als ein selbst gedrehtes Video- oder Handyfilmchen der Hagenbeck-Besucher): Abdrücke von Paarungsbissen, die George seinen Schönen verpasst hat, konnte man schon sehen, verrät Westhoff. Nachwuchs hat es bei der lebendgebärenden Haiart allerdings noch nicht gegeben, aber die Tiere, die bis 2,40 Meter lang werden können, kommen auch vermutlich jetzt erst so richtig in die Geschlechtsreife.

Schmecken lassen sich George und die anderen Haie dreimal in der Woche Seelachs, Steinbeißer, Makrelen, Krabben und Oktopus. Bei der Fütterung per langer Pinzette vom Beckenrand sind die Grauen Riffhaie, die eher den unteren Teil des Aquariums bewohnen, etwas schüchterner als die Schwarzspitzen-Riffhaie. Ihre Zurückhaltung legen sie allerdings dann ab, wenn einer der kleineren Fische im Aquarium krank ist: "Dann werden diese auch schon einmal von den Haien gefressen, unserer Gesundheitspolizei", sagt Westhoff.

Selbst kann der elegante George nicht viel für seine Körperpflege tun: Putzerfische können mit den schnell schwimmenden Haien nicht mithalten. Und wenn sich einmal eine Goldmakrele an die grauen Flanken des großen Räubers heranschmeißt, ja, sich regelrecht an ihm reibt - dann ist das kein Anbiedern eines (weiblichen) Fans. Nein, die Makrelen nutzen die extrem raue Haut der Haie, um sich zu kratzen. Ob der andere George wohl deshalb ab und zu einen Dreitagebart trägt ...?

Lesen Sie nächsten Mittwoch: Mantelpavian-Baby Papio