Sechs prominente Hamburger Autoren haben Fortsetzungsgeschichte geschrieben. Über Hamburg, Beziehungen und Sehnsucht.

Hamburg. So, der Hafengeburtstag wäre dann wohl geschafft. Die unter großem Geläut empfangene Flotte dampft und segelt wieder elbabwärts, die Hubschrauber fliegen zurück auf ihre Plattformen, und im Hafen applaudiert jetzt niemand mehr, wenn mal ein Schlepper vorbeischaukelt. Was bleibt, ist eine Woche Zeit, bis Hamburg am kommenden Sonnabend das nächste Mal in großem Rahmen seine maritime Kompetenz unter Beweis stellt. Eine Woche, in der man die Hecke stutzen, den Rasen mähen und den Pollenstaub vom Auto wischen könnte. Ein Zeitraum, in den aber auch ein sechsteiliger Fortsetzungsroman passt.

Moment mal: Fortsetzungsroman? Diese geschriebene Salamitaktik, die man für tot hielt, weil den wohlfeil formulierten Episoden kaum noch Platz in deutschen Tageszeitungen eingeräumt wurde? Es schien, als seien abrupt mit Cliffhanger endende Texte längst aus der Mode gekommen, als seien sie in etwa so modern wie Holzfällerhemden aus den 90ern. Andreas Eschbach, Autor des Fortsetzungsromans "Exponentialdrift", lässt sich diesbezüglich in Wikipedia sogar so zitieren: "Ich glaube, dass der klassische Fortsetzungsroman eine überholte Form ist."

+++ Fortsetzungsroman - Teil 1: Tristan, Isolde und die Mordgedanken +++

Und das steht dann erst einmal da wie ein Gesetz, das man seinen Kindern einbläut: Der Ball ist rund, Geld schießt keine Tore, der Fortsetzungsroman ist tot. Warum sollte man also ausgerechnet jetzt eine Episodengeschichte drucken? Und warum sollte man das lesen?

Vielleicht, weil Holzfällerhemden auch wieder en vogue sind. Vielleicht, weil der Fortsetzungsroman eine Hamburger Erfindung des Publizisten Georg Greflinger ist. Und dann vielleicht noch, weil es eine verdammt gute Idee von den Marketingexperten der TUI Cruises schien, nicht nur ihren zweiten Ozeanriesen "Mein Schiff 2" am kommenden Sonnabend in Hamburg von Fechtweltmeisterin Anja Fichtel taufen zu lassen. Sondern auch sechs der profiliertesten Autoren des Landes zu bitten, eine passende Fortsetzungsgeschichte zur Taufe zu verfassen.

Deshalb druckt das Hamburger Abendblatt von heute an täglich eine Folge des sechsteiligen Romans, der eine Champagnerdusche mit Worten darstellen soll, gewissermaßen eine Taufe aus Sprache. Ersonnen haben die Handlung des Literaturprojekts Michael Jürgs, Manfred Bissinger, Hubertus Meyer-Burckhardt, Karina Lübke, Stefan Aust und Hellmuth Karasek. Namen, die für journalistische Qualität aus Hamburg stehen und die deshalb auch von "Flittchen aus Eppendorf" schreiben oder die Protagonisten bedenklich oft an irgendwelchen Glimmstängeln ziehen lassen dürfen.

Womit man mittendrin ist, in der doppelbödigen Dreiecksgeschichte über frustrierte Ehepartner mit iPad, vermeintlich anregende Kontakte und Mordplänen. Allein wegen des Handlungsortes ist das absolut Hamburg und absolut schifffahrtstauglich. Es werden bezaubernde Bilder für Stadt, Elbe und Beziehungen gefunden, aber es wird auch genügend Verwirrung gestiftet. TUI-Cruises-Chef Richard J. Vogel war aus dem Häuschen: "Das ist etwas sehr Besonderes."

Das Korsett gab Ex-"Tempo" und Ex-"Stern"-Chefredakteur Michael Jürgs mit der Anfangsepisode als Ouvertüre vor, seine fünf Koautoren webten die Schiffstaufen-Geschichte zusammen. Man kann darin Unterhaltung sehen, Züge eines Krimis oder auch schlichte Partnerberatung. Vor allem aber: ganz viel Hamburg.