Die ehemalige Bischöfin auf Werbetour für ihr neues Buch. Sie übt sich in Entschleunigung

Hamburg. Claudia Sielski hätte sich einen gemütlichen freien Tag machen können. Doch die 15-jährige Schülerpraktikantin will unbedingt bei der Signierstunde von Margot Käßmann mithelfen. Und deshalb baut die junge Frau in der Thalia-Buchhandlung in der Europa-Passage den Bücherstand auf und wartet gespannt auf die ehemalige niedersächsische Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzende.

Schon lange vor dem Eintreffen der Autorin hat sich eine kleine Schlange gebildet. Marion Stubbe, 76, ist sogar schon drei Stunden eher gekommen, um Käßmann sehen und sprechen zu können. "Ich interessiere mich schon seit vielen Jahren für sie", sagt sie, "ich habe fast alle ihre Bücher."

Als Käßmann schließlich kommt, schick gekleidet in ein lila Kleid und naturfarbenen Blazer mit farblich abgesetzten Paspeln, dazu lila Spangenpumps, legt sie gleich los, signiert Buch um Buch. Die meisten Kunden haben Käßmanns neues Werk "Sehnsucht nach Leben" gerade eben gekauft, lassen sich Widmungen für sich oder zum Verschenken reinschreiben. Viele Besucher nutzen auch die ungewohnte Nähe und richten ein paar persönliche Worte an die Autorin, wünschen der ehemaligen Bischöfin, die derzeit eine Gastprofessur in Bochum an der Ruhr-Universität innehat, alles Gute. Diese bedankt sich lächelnd.

Bereits am Vormittag hatte die Theologin beim Norddeutschen Journalistentag 2011 in Hamburg zum Thema "Entschleunigung" referiert. Auch ihr eigenes Leben verlaufe seit ihrem Rücktritt von ihren Kirchenämtern nach der Alkoholfahrt etwas ruhiger, sagt sie: "Ich brauche Termine nur wahrzunehmen, wenn ich mag", sagt sie und lächelt. Sie habe viel mehr Anfragen, als sie wahrnehme.

Wer die Signatur bekommen hat, zieht selig von dannen. Marion Stubbe hat noch einen weiteren Wunsch: "Dass sie einmal im Michel auf der Kanzel steht", sagt sie und hat Käßmann einen Briefumschlag mit dieser Bitte überreicht, damit die Theologin ihr Anliegen nicht vergisst.