Armin Valet, 45, ist Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg

Hamburger Abendblatt:

1. Verbraucher haben die Milchschnitte von Ferrero zur dreistesten Werbelüge des Jahres gekürt. Zu Recht?

Armin Valet:

Ja, diese Wahl kann ich nachvollziehen. Denn bei diesem Produkt wird mithilfe der Werbung suggeriert, dass es leicht und ideal für zwischendurch ist. Ein großer Milchkrug soll das unterstreichen. Doch weniger als ein Esslöffel frische Milch ist nicht enthalten. Man müsste schon fünf Milchschnitten essen, um den Kalziumanteil eines Glases fettarmer Milch aufzunehmen. Gleichzeitig würde man die sechsfache Menge an Kalorien zu sich nehmen. Außerdem ist das zehnmal so teuer wie Milch. Das Produkt ist vor allem nicht geeignet für Kinder, die schon übergewichtig sind.

2. Welche Produkte sind als Zwischenmahlzeit für Kinder und Erwachsene geeignet?

Valet:

Die beliebten Riegel enthalten zu viel Zucker. Als Zwischenmahlzeit eignet sich ein Apfel, anderes Obst oder ein Naturjoghurt, der dann vor allem für Kinder mit Früchten der Saison schmackhafter gemacht werden kann.

3. Gibt es eine rechtliche Handhabe gegen Werbeaussagen, die nicht der Realität entsprechen?

Valet:

Es gibt im Lebensmittelgesetzbuch einen Paragrafen 11, der vor grober Irreführung schützen soll. Doch ist das sehr schwierig durchzusetzen. Viele Werbeaussagen werden subtil über das Image vermittelt und sind nicht direkt angreifbar. Da Milch in der Milchschnitte ist, kann man nichts gegen den Milchkrug auf der Verpackung einwenden, auch wenn er überdimensioniert ist. Vor allem bei vielen Markenprodukten wird dem Verbraucher über das Image statt über Fakten vermittelt, dass er unbedenklich zugreifen kann.

4. Was müsste sich bei der Kennzeichnung ändern, damit Verbraucher leichter Zucker- und Fettanteil erkennen?

Valet:

Die Nährwertangaben auf der Verpackung sind immer noch nicht verpflichtend, auch wenn sie viele Hersteller praktizieren. Es fehlt den Verbrauchern aber das Fachwissen, diese Angaben richtig einzuordnen. Besser wäre eine Ampelkennzeichnung, um hohe Fett- und Zuckeranteile, das Problem vieler Lebensmittel, zu kennzeichnen.

5. Gibt es Formulierungen, bei denen der Verbraucher von vornherein vorsichtig sein sollte?

Valet:

Bei allen Werbeaussagen ist Skepsis angebracht. Wenig Fett bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Produkt kalorienarm ist. Häufig sorgt dann Zucker für hohe Kalorienwerte. Skepsis ist bei vielen Abbildungen nötig. Viele Früchte bedeuten nicht einen hohen Fruchtanteil. Oft wird der Fruchtgeschmack durch Aromen geprägt, nicht durch die geringen Früchtemengen.