Toller Auftritt: Beim Tag der Musik treten Kinder aus der Grundschule Döhrnstraße mit der “Hamborger Schietgäng“ auf dem Rathausmarkt auf.

Lokstedt. Die Kinder gruppieren sich aufgeregt um die sechs Musiker der "Hamborger Schietgäng". Die Männer mit den lustigen blauen und roten Ringelshirts und den komischen Mützen auf dem Kopf sind mit Kontrabass und Akkordeon, Gitarren, Waldzither und Bassflöte in die Aula der Grundschule Döhrnstraße gekommen. Wenig später schmettern Jung und Alt zusammen das Lied vom Jung mit'm Tüdelband. Ein schwungvoller und lautstarker Vorgeschmack ist das auf die Tage der Musik, die vom heutigen Freitag bis zum Sonntag die Stadt zum Klingen bringen werden.

"Kinder, die singen, sind reger, optimistischer und aufgeschlossener. Sie leben anders, reagieren anders und sind glücklicher, das merkt man sehr deutlich." Wolfhagen Sobirey muss das wissen. Der Präsident des Landesmusikrats war 20 Jahre lang Direktor der Jugendmusikschule in Hamburg. Seit drei Jahren arbeitet der frühere Gymnasiallehrer ehrenamtlich mit den Kindern in Lokstedt.

Jeden Montag sitzt er am Flügel, übt mit 120 Kindern in drei Chören neue Lieder ein. Und alle sechs Wochen treten sie auf. "Wenn die Kinder dann vor dem Publikum singen und eine große Aufmerksamkeit erfahren, dann gucken sie wie Weihnachten, als wenn sie gerade etwas ganz Tolles geschenkt bekommen haben", sagt Sobirey.

Am Sonnabend ist wieder Weihnachten. Denn dann betreten die Mädchen und Jungs aus der Schule Döhrnstraße die ganz große Bühne. Um 15 Uhr singen sie auf dem Rathausmarkt das Lied von der Sommerzeit, dann badet Oma im Titisee, und Opa lüftet sein Toupet. Und anschließend verraten sie allen Zuschauern: "Mit Humor, mit Humor kommt uns alles leichter vor."

Wolfhagen Sobirey erklärt den kleinen Sängern noch einmal, dass "die Männer bei der Aufführung hinter euch stehen, aber ihr dürft euch nicht umdrehen, denn das Publikum steht da vorne".

Die Männer, das ist die Hamborger Schietgäng. Und Jochen Wiegandt, der mit der Waldzither, hatte die Idee für den gemeinsamen Auftritt. Schließlich ist der Volkssänger auch Initiator der Aktion "Singen Sie Hamburgisch?" (siehe Infokasten). Und immer auf der Suche nach altem Hamburger Liedgut. Bisher hat er schon mehr als 300 Einsendungen mit Texten, Zeilen oder musikalischen Fragmenten von den Abendblatt-Lesern zugeschickt bekommen. "Es sind tolle Sachen darunter", sagt er. Und einige davon könnte man auch den Kindern an die Hand geben. So hat ihm Bärbel Lützen aus Hamburg folgende Zeilen geschickt:

"Wenn die Liebe nicht wär, wär der Kinderwagen leer, und der Storch muss stempeln gehen, mit dem Stempel in der Hand, rennt er durch das Arbeitsamt, ach, wie ist die Liebe schön!"

Wie so oft bei solchen Einsendungen geht Jochen Wiegandt jetzt vielen Fragen nach: Kennt jemand das Lied? Wie geht die Melodie? Hat es noch weitere Strophen? Wiegandt ist ein Schatzsucher, und er ahnt schon, dass bei vielen Hamburgern noch eine Menge musikalischer Schätze verborgen sind. "Was ist zum Beispiel mit alten Kassetten, die womöglich noch in irgendwelchen Schränken lagern?", fragt er.

Sechs sangesfreudige Senioren, die ihm bereits Texte geschickt haben, werden am Sonnabend ebenfalls mit auf der Bühne stehen und die Kinder lautstark unterstützen. "Ein toller Sound wird das", sagt Jochen Wiegandt. Und erklärt, dass Sound nicht nur "Klang", sondern auch "gesund" bedeutet.

Und das mit gutem Grund. "Wer bereits morgens vor sich hin summt oder am Tag ein Lied auf den Lippen hat, fühlt sich gleich viel besser", sagt er.