Vom Wasser aus die Stadt zu entdecken liegt voll im Trend. Eine Bootsfahrt auf der Alster und den vielen Kanälen bietet Entschleunigung pur.

Losgelöst von den Gegenströmungen des Alltags. Sich treiben lassen und sich in den Anblick prächtiger Villen aus dem 19. Jahrhundert verlieren oder einfach dem Paddel zuhören, wie es beinahe lautlos in schöner Regelmäßigkeit eintaucht. Hamburgs Alsterkanäle sind die Wohlfühloasen für jedermann. Auf dem Alsterwasser wird gerudert, gesegelt - sportlich oder romantisch - und eben gepaddelt. Kein Wunder, dass es in Hamburg knapp ein Dutzend Bootsvermietungen gibt und 24 Ruder- und Paddelvereine. Auf der Außenalster (die übrigens fast so groß ist wie das Fürstentum Monaco) sind rund 2000 Segelboote registriert.

Doch abseits von Hamburgs Vorzeige-Gewässer lässt sich noch mehr entdecken. Die Alsterkanäle, die Bille und die Elbe bieten mehr als 40 Kilometer Strecke - mitten in der Stadt und doch mitten im Grünen. Kein Wunder, dass an diesem Pfingstmontag reichlich Verkehr herrscht. Da trifft der dynamische Ruderer auf das gemütliche Paddelpärchen und gleitet vorbei am trendigen Stand-up-Paddler. Und überall Brücken. In Venedig gibt es gerade mal 400, in Hamburg rund 2500.

Vom Wasser aus die Stadt zu entdecken ist längst zum Massensport geworden. Für viele ist dieser Ausflug aus dem Alltag wie ein Kurztrip in eine andere Stadt. "Manchmal verliere ich auf Hamburgs Wasserstraßen völlig die Orientierung, obwohl ich entlang der Kanäle zur Arbeit fahre, auf dem Wasser, das ist einfach die totale Entschleunigung", sagt Holger Schmidt, der gerne vom Wasser aus das entdeckt, was von der Straße aus verschlossen bleibt. Heute aber sitzt der 43-Jährige mit seiner Frau Maike auf einer Bank am Ufer, während sich auf dem Wasser an der Streekbrücke die Boote tummeln.

Zwischen ihnen gleiten Surfbretter durch das Wasser. Auf einem balanciert Svenja Dürbeck aus Scharbeutz. "Bei diesem Ausblick ist das wie Yoga auf dem Wasser", sagt die 42-Jährige, die sich mit ihren Freunden über Facebook zum Paddeln auf der Alster verabredet hat. Paddeln wie ein Polynesier, versteht sich. SUP (Stand-up-Paddling) ist das Stichwort. Am Stadtparksee hat ein SUP-Center eröffnet, dank dessen auch Anfänger die Sportart lernen können, die auf polynesische Fischer zurückgeht. "Beim ersten Mal ist Muskelkater garantiert", sagt Svenja, 42, und paddelt an Sebastian Gresens vorbei, der letztes Jahr beim SUP Worldcup in der HafenCity dabei war.

Ganz klassisch ist dagegen Familie Baumert auf dem Wasser unterwegs. Ihrem Besuch aus München zeigen sie im Vierer-Kanu die Schokoladenseite Hamburgs und machen gerade einen Zwischenstopp in Winterhude. "Eine Kanutour durch Hamburg ist genial, weil man mal ganz dicht drankommt an die Jugendstilhäuser in den schicken Vierteln", sagt Carsten Baumert, 46, aus Volksdorf. "Dann fange ich immer an zu träumen und suche mir einfach die schönste Wohnung aus", sagt der Vater von Emily, 7, die sich lieber Eissorten aussucht. Unterwegs auf dem Mühlenkampkanal Höhe Poelchaukamp heißt es für sie immer aussteigen - auf ein Eis.

Zurück an der Streekbrücke ist die Verlockung groß - auf eine Bootstour. "Wenn ich das so sehe, bekomme ich richtig Lust, aber", sagt die 35-jährige Maike und deutet auf ihren Bauch (neunter Monat), "heute gucken wir nur zu, aber nächstes Jahr sind wir im Dreier-Kanu auf dem Wasser."