Dabei waren Hamburg und das Umland mal Vorreiter in regionaler Planung von Verkehr, Wirtschaft, Freizeit, Kultur. Der Forscher sieht Frankfurt als Vorbild

Die Metropolregion Hamburg war in den 1990er-Jahren Vorreiter in Deutschland: 1991 vereinbarten Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, mithilfe der Metropolregion gemeinsam eine neue Qualität der Zusammenarbeit anzustreben. Siedlungsentwicklung, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Natur, Naherholung waren Themen des Aufbruchs. Bereits seit den 1920er-Jahren hatte es grenzüberschreitende Abstimmungen, seit 1955 gemeinsame Landesplanungen gegeben.

Inzwischen sind bundesweit zehn Metropolregionen dazugekommen. Eine Reise durch die Republik zeigt aber: Hamburg ist kein Vorreiter mehr. Mehrere Regionen haben Hamburg den Rang abgelaufen, allen voran Stuttgart, Rhein-Neckar und Frankfurt, auch Hannover und Nürnberg sind deutlich besser organisiert und erfolgreicher.

Baden-Württemberg hat den besonderen Stellenwert seiner Landeshauptstadt erkannt. Die Region Stuttgart unterscheidet sich deutlich vom Rest des Landes. Die Landeshauptstadt bildet mit ihrem Umland einen gut organisierten Regionalverband. Aufgaben sind Wirtschaftsförderung, Verkehrsplanung, regionaler öffentlicher Nahverkehr (ÖPVN) sowie Regional- und Landschaftsrahmenplanung. Eine Dependance vertritt die Stuttgarter Interessen in Brüssel.

Zum Shootingstar könnte Frankfurt werden. Am 1. April 2011 ist der "Regionalverband FrankfurtRheinMain" an den Start gegangen. Mit dem Gesetz über die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main hat die hessische Landesregierung einen weiteren Anlauf genommen. Der Verband übernimmt die regionale Flächennutzungsplanung, Verkehrsplanung und -management sowie Wirtschaftsförderung und Standortmarketing. Weitere Aufgaben sind Sport-, Freizeit und Erholungs- und kulturelle Einrichtungen.

Und Hamburg? Zuletzt 2000 beschloss die Metropolregion das Regionale Entwicklungskonzept (REK). Es konnte sich damals sehen lassen, sein ambitioniertes und beachtetes Ziel war der Ausgleich von Wirtschaft und Umwelt in der Region. Schnell zeigte sich, dass der Mangel nicht im guten Willen lag. Vielmehr hatte die Metropolregion zu wenig Kompetenzen, und sie verfügte über keine formale Durchsetzungskraft gegenüber (Land-)Kreisen, Städten und Gemeinden sowie Fachplanungen, um die Ziele des REK umsetzen zu können. In den folgenden Jahren hat es zwar inhaltliche Verschiebungen und Ergänzungen gegeben, am grundsätzlichen Manko änderte das aber nichts: Die Metropolregion Hamburg war und ist ein "zahnloser Tiger".

Was wäre nötig? - Die Metropolregion braucht verbindliche Zuständigkeiten, damit man sie ernst nimmt. Das kann die Regionalplanung sein. Wichtig wären auch "härtere" Aufgaben, etwa im Bereich Verkehr oder Infrastruktur. Frankfurt, Rhein-Neckar und Stuttgart können Vorbilder sein. Und die Metropolregion benötigt einen "Kopf", eine Leitungsperson, die sich als Motor der Region versteht, sie nach außen vertritt und über nötige Kompetenzen verfügt. Wichtig wäre auch, dass die Metropolregion flexibler wird. Dass sie sich nach Mecklenburg und Schleswig-Holstein weiter öffnet. Die zu starren Grenzen sind unnötige Barrieren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Woran hakt es? Da sind die Ländergrenzen. Aber warum gelingt es Rhein-Neckar, dieses Problem zu lösen? Dort stoßen ebenfalls drei Länder zusammen. Es gibt die Interessen der (Land-) Kreise, Städte und Gemeinden. Aber von einer gestärkten Metropolregion Hamburg würden alle profitieren, die dazugehören. Denn immer mehr sind es die Regionen, die international im Wettbewerb um "kluge Köpfe" und Investitionen stehen. Lüneburg, Pinneberg oder Stade wären Gewinner.

Wie lange kann es so noch weitergehen? - Hamburg hat es sich geleistet, gut 15 Jahre auf der "regionalen Kriechspur" zu fahren. Die Metropolregion hat mit ansehen müssen, wie andere Großstadtregionen an ihr vorbeigezogen sind. In diesem Jahr begeht die Vertragsgemeinschaft über die Zusammenarbeit in der Metropolregion ihr 20. Jubiläum. Dieser Anlass sollte genutzt werden, neue Ziele zu setzen, die deutlich nach vorne weisen.

Wie könnte eine Perspektive aussehen: Eine Metropolregion Hamburg, die weltoffen ist und auf hohe Lebensqualität setzt, die innovatives und umweltverträgliches Wirtschaften und Arbeiten zu ihren Stärken zählt und die dem sozialen Ausgleich Priorität einräumt. Eine Region, die in der Lage ist, Hamburg und seine Nachbarn in Deutschland und der Welt mit vernehmbarer Stimme zu vertreten.