Ein Kommentar von Iris Hellmuth

Es war klar, dass sie sich dazu verhalten mussten. Zu diesem viel zu frühen Tod und der Gestaltung des deutschen Pavillons auf der Kunstbiennale in Venedig - Susanne Gaensheimer, die Kuratorin, und Aino Laberenz, Witwe des im Herbst vorigen Jahres verstorbenen Künstlers Christoph Schlingensief, der den Pavillon eigentlich hätte gestalten sollen. Zum Zeitpunkt seines Todes waren die Pläne nicht weit genug gediehen, um sie umsetzen zu können.

Susanne Gaensheimer und Aino Laberenz verhielten sich - und wählten die denkbar mutigste Lösung. Sie verwandelten den deutschen Pavillon in eine Schlingensief-Gedenkstätte. Mutig zum einen, weil eine Biennale eigentlich in die Zukunft blickt, nicht in die Vergangenheit; sie ist ein Panorama der jungen nationalen Kunstszene. Stattdessen gedachte man Leben und Werk eines Verstorbenen. Mutig zum anderen, weil niemand gedacht hätte, dass dieser Plan funktioniert: Die Kunst eines Rastlosen, Omnipräsenten zu entkoppeln von dem, der sie schuf - er hätte grandios scheitern können.

Für seine Courage wurde das Team des deutschen Pavillons nun mit dem Goldenen Löwen belohnt. Und damit posthum auch der Künstler. Das Werk Christoph Schlingensiefs war ohnehin zu viel für ein Leben, deshalb reicht es über seinen Tod hinaus. In den Feuilletons ist der deutsche Pavillon so kontrovers besprochen worden wie Schlingensief und sein Werk zu Lebzeiten selbst. Dem Künstler hätte das gefallen. Ihm, der stets irre wurde an der Welt und all das in seine Kunst legte, der immer forderte und nie stillstand - für ihn ist dieser Pavillon die angemessene Würdigung. Schön, dass sie gewagt wurde.