Die Energie stammt immer aus dem nächstgelegenen Kraftwerk. Doch über geprüfte Öko-Tarife werden Anlagen für erneuerbaren Strom gebaut, weiß der Experte

Strom aus erneuerbaren Energien hat Konjunktur. Seit den tragischen Ereignissen in Japan wird immer mehr Menschen auch in Deutschland bewusst, welche Risiken die Kernenergie birgt, selbst in modernen Atomkraftwerken in Industrieländern. Der verstärkte Wunsch vieler Verbraucher, alternative Energien zu nutzen, ist daher verständlich und für eine echte Energiewende erstrebenswert, sowohl aus der Perspektive einer sicheren als auch klimafreundlichen Energienutzung. Das haben die Anbieter von Ökostrom in den vergangenen Wochen zu spüren bekommen: Die Kundenanfragen und Vertragsabschlüsse steigen. Doch was genau ist eigentlich "guter Ökostrom" und woran können sich Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren beim Stromanbieterwechsel?

"Ökostrom" ist kein geschützter Begriff. Das bedeutet, es gibt große Unterschiede zwischen dem, was man aus ökologischen Gesichtspunkten darunter verstehen sollte, und dem, was von Stromanbietern als Ökostrom verkauft wird.

Zunächst: Grundsätzlich stammt der Strom, der aus der eigenen Steckdose kommt, immer aus dem nächstgelegenen Kraftwerk. Dies kann auch ein Kohle- oder Erdgaskraftwerk sein. Daher ist die Frage "Bekomme ich Ökostrom?" die falsche Frage. Die richtige Frage muss lauten: "Bekommt die Welt mehr Ökostrom?"

Aus ökologischer Sicht entscheidend ist, dass mit dem Ökostrom-Angebot neue Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien gebaut werden - und zwar über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und andere staatliche Förderungen hinaus. Nur zusätzliche Anlagen für erneuerbare Energie im sogenannten deutschen Strommix drängen mittelfristig konventionelle Anlagen aus dem Markt, die Kohle oder Gas zur Stromerzeugung nutzen. Sie liefern damit einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung des Treibhausgases CO2 und damit zum Klimaschutz in Deutschland.

Erfüllt das Ökostrom-Angebot das Kriterium des sogenannten zusätzlichen Umweltnutzens, kann man sicher sein, das richtige Ökostrom-Produkt gewählt zu haben.

Woran erkennt man nun aber bei Vertragsabschluss, ob der Stromanbieter selbst in neue "Ökostrom-Kraftwerke" investiert und nicht einfach konventionellen Strom umetikettiert und diesen als Ökostrom verkauft? Ein möglicher Anhaltspunkt ist das politische Engagement von Ökostrom-Anbietern. Dieses kann jedoch nur ein Entscheidungskriterium für den Endkunden sein. Eine wichtige Hilfe im Dschungel der Ökostrom-Angebote sind Gütesiegel wie insbesondere "ok-power". Das Gütesiegel legt strenge Maßstäbe an, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu prüfen. Getragen vom Öko-Institut, vom WWF und von der Verbraucherzentrale NRW will "ok-power" einen Beitrag zu mehr Transparenz und Vertrauen auf dem Markt der Ökostrom-Angebote leisten. Auch das Verbraucherportal EcoTopTen vergleicht regelmäßig die Angebote von Ökostrom-Anbietern nach strengen Kriterien und gibt Empfehlungen für Ökostrom-Tarife verschiedener Anbieter.

Liefern Ökostrom-Produkte nicht den Beleg, dass sie wirklich zum Ausbau der erneuerbaren Energien beitragen, sollten Verbraucher die Finger von ihnen lassen. Über qualitativ hochwertige Angebote können sich Verbraucher und Verbraucherinnen beim Ökostrom-Tarifrechner informieren (von "ok power" im Internet unter http://tarifrechner.ok-power.de oder unter www.ecotopten.de ).

Unabhängig davon, für welches Stromprodukt sich die Stromkunden am Ende auch entscheiden: Energiesparen ist der beste und sicherste Klimaschutz. Denn jede Kilowattstunde Strom, die gar nicht erst verbraucht wird, spart klimaschädliche Treibhausgase.

Energieeinsparungen sind überall möglich: mal das Auto stehen lassen, Stand-by-Steckerleisten im Haus installieren, beim Neukauf von Geräten das energieeffizienteste auswählen. Wer für die restliche Energie, die tatsächlich noch benötigt wird, auf Ökostrom zurückgreift, hat schon einen guten Beitrag geleistet, die Umwelt zu entlasten.

Dominik Seebach, 34, ist Diplom- Geoökologe, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Energieexperte des Öko-Instituts in Freiburg