Beiersdorf trennt sich von kleinen Marken: Wenn sich kein Käufer findet, wird die Juvena-Produktion in Baden-Baden geschlossen.

Hamburg. Der Hamburger Nivea-Hersteller Beiersdorf beschleunigt seinen Sanierungskurs. Nach Informationen des Abendblatts will der Konzern seine Produktionsstätte in Baden-Baden mit knapp 500 Mitarbeitern schließen, wenn sich kein Käufer für das Werk findet. "Es gibt eine Standortuntersuchung", bestätigt Beiersdorf-Sprecher Rolf Lange. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Auch einen Zeitplan gebe es noch nicht. Doch die Mitarbeiter in dem Werk, in dem Beiersdorf unter anderem die kürzlich verkaufte Marke Juvena produzierte, machen sich auf das Schlimmste gefasst.

Nach einer Betriebsversammlung gestern in Baden-Baden will eine Delegation der Beschäftigten am Donnerstag im Vorfeld der Beiersdorf-Hauptversammlung in Hamburg gegen das Aus für die Produktion demonstrieren.

Der Verkauf der Marke Juvena und die damit einhergehende Zukunft des Werks in Baden-Württemberg ist Ergebnis der neuen Strategie von Beiersdorf. Das Unternehmen, das in diesem Jahr das hundertjährige Bestehen seiner Topmarke Nivea feiert, trennt sich von Randgebieten, also Marken, die entweder nicht gut laufen oder zu klein sind, um zum Kerngeschäft zu gehören. Unter anderem wurde auch die Haarpflegeserie Marlies Möller verkauft.

Beiersdorf will zum kompetentesten Hautpflegekonzern der Welt aufsteigen. Zuvor musste das in der Vergangenheit erfolgsverwöhnte Hamburger Unternehmen einsehen, dass es inzwischen geschäftlich schlechter abschneidet als Konkurrenten wie Henkel und L'Oreal. Unterm Strich reduzierte sich der Beiersdorf-Jahresüberschuss im vergangenen Jahr wegen überhöhter Abschreibungen im China-Geschäft und den Kosten für das Restrukturierungsprogramm von 380 auf 326 Millionen Euro.

Analysten begrüßen die Anstrengungen zur Neuausrichtung. "Beiersdorf hat den Stimmungstiefstwert bereits durchschritten. Das Unternehmen verzeichnete über Jahrzehnte eine stetige, nicht unterbrochene Wachstumsentwicklung. Die Rendite der Anteile, einschließlich Wertsteigerung, ließ somit nichts zu wünschen übrig. Die aktuelle Situation ist also die Ausnahme", sagte Oliver Drebing, Aktienexperte bei SRH Alsterresearch in Hamburg, dem Abendblatt. "Beiersdorf scheint auf dem richtigen Weg zu sein", bescheinigt auch UniCredit-Analyst Nicolas Sochovsky. Allerdings müsse laut Drebing weiterhin die Abhängigkeit vom europäischen Markt durch eine noch konsequentere Internationalisierung des Geschäfts reduziert werden.

Eine große Rolle auf der Hauptversammlung soll eigentlich die Erfolgsgeschichte von Nivea spielen. Um den Geburtstag der Creme zu feiern, wurde sogar die US-Sängerin Rihanna als Werbeträgerin engagiert. Doch im Vorfeld des Aktionärstreffens kommt - nicht nur bei den Beschäftigten des Baden-Badener Werks - wenig Feierlaune auf. Denn immer häufiger wird Beiersdorf als Übernahmekandidat gehandelt. Vergangene Woche wurde sogar behauptet, das Unternehmen müsse wegen Erfolglosigkeit eine Gewinnwarnung herausgeben. Ein Gerücht, das sich nicht bewahrheitete. Der Aktienkurs fiel dennoch um gut zwei Prozent - Spekulanten konnten sich daraufhin billiger mit Anteilsscheinen des Nivea-Herstellers eindecken. Die tatsächlichen Zahlen für das erste Quartal präsentiert das Unternehmen am 5. Mai.

Zwar hat die Beiersdorf-Mutter maxingvest, die mehrheitlich den Hamburger Kaffeeunternehmern und Tchibo-Miteignern Michael und Wolfgang Herz gehört, nach zuverlässigen Informationen des Abendblatts keine Verkaufspläne. Dennoch werden seit Monaten von interessierten Kreisen solche Gerüchte gestreut. Vor allem der US-Konzern Procter & Gamble wird immer wieder als Käufer genannt. Käme es tatsächlich dazu, dann müssten die rund 4000 Beiersdorf-Mitarbeiter in Hamburg um ihre Jobs bangen. Denn die Amerikaner hätten vermutlich nur Interesse an den Beiersdorf-Marken, nicht aber an den Werken oder dem Hamburger Forschungszentrum des Unternehmens.

Procter & Gamble wollte sich schon im Jahr 2003 Beiersdorf einverleiben

Das US-Unternehmen hat sich allerdings schon einmal bei einem Übernahmeversuch eine blutige Nase in Hamburg geholt. Im Jahr 2003 bot der Versicherungsriese Allianz die ihm damals gehörenden 44 Prozent der Beiersdorf-Aktien zum Kauf an. Nur ein gemeinsames Vorgehen der Gebrüder Herz und der Stadt Hamburg, die kurzfristig einen zehnprozentigen Anteil der Beiersdorf-Aktien übernahm, konnte den Verkauf des Nivea-Herstellers an Procter & Gamble verhindern und so den deutschen Konzern vor einer Zerschlagung bewahren.

Wenn sich Procter & Gamble jetzt doch noch die Hamburger Erfolgsmarke einverleiben würde, wäre die Mühe der Stadt vor knapp acht Jahren umsonst gewesen.