Prof. Dr. Claudia Kemfert, 42, leitet die Abteilung Energie am Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin

1. Hamburger Abendblatt: Müssen sich die Autofahrer in Deutschland wegen der neuen EU-Regeln aus Brüssel auf weiter steigende Spritpreise einstellen?

Prof. Claudia Kemfert: Eine Anpassung des Dieselsteuersatzes an den Benzinsteuersatz wäre schon wünschenswert, ebenso eine EU-weite Harmonisierung der Steuersätze. Deutschland hat allerdings schon deutlich gemacht, dass es diese Pläne gar nicht umsetzen will.

2. Gibt es einen vernünftigen Grund, bald die Dieselfahrer in Deutschland stärker zur Kasse zu bitten?

Kemfert: Es gibt keinen Grund, warum Diesel knapp 20 Cent pro Liter geringer besteuert wird. Zumindest könnten Benzin- und Dieselsteuern gleich hoch sein. Dieselfahrzeuge produzieren mehr Feinstaub und Stickoxide. Der Staat könnte so bis zu sechs Milliarden Euro mehr einnehmen. Geld, welches für die Energiewende eingesetzt werden könnte. So könnten auch Verbraucher und Wirtschaft an anderer Stelle entlastet werden.

3. Sind höhere Spritpreise nicht immer auch gleichzusetzen mit einem Drehen an der allgemeinen Preisspirale, und am Ende wird dadurch alles teurer?

Kemfert: Hohe Ölpreise treiben generell auch die Inflation an, aber vor allem erhöhen sie die volkswirtschaftlichen Kosten ungemein.

4. Müssen die Autofahrer nicht allein wegen der bevorstehenden Osterfeiertage wieder mit neuen Preisrekorden an den Tankstellen rechnen?

Kemfert: Das Ölpreisniveau ist derzeit bereits hoch. Zu Ferienzeiten ist die Nachfrage ebenfalls groß, sodass dann auch der Benzinpreis noch einmal steigen dürfte. Doch eigentlich hätte der Benzinpreis bei der Einführung des neuen Biokraftstoffs E10 sinken müssen, das Gegenteil ist leider der Fall. Es scheint eine Strategie zu sein, dass die Konzerne lieber das teure Super-Benzin verkaufen wollen.

5. Sehen Sie einen Literpreis an den Tankstellen von über zwei Euro in greifbare Nähe gerückt?

Kemfert: Nein. Die Einführung von Biokraftstoffen müsste die Preise sinken lassen. Ohnehin kann man jedem Autofahrer nur empfehlen, beim nächsten Autokauf auf wirkliche Alternativen umzusteigen.