Der patentierte Sandwich-Kipper von Siegfried Petersen aus Schleswig wird nicht nur in Hamburg, sondern auch bereits in New York genutzt.
Hamburg/Schleswig. Die besten Ideen kommen ihm nachts. Dann steht Siegfried Petersen auf, setzt sich im Schlafanzug an den Schreibtisch und fängt an zu zeichnen. Kaffeebecher, die nicht umkippen können. Klappstühle, die im Museum das Stehen erleichtern. Zubehör, das die Arbeit in Bäckereien perfektioniert. Seine bislang erfolgreichste Idee hatte der geborene Schleswiger allerdings schon vor 30 Jahren. "Während meiner Ausbildung zum Konditor musste ich immer Eistortenmasse herstellen", erzählt Petersen, 49.
In den Pausen machte er sich damals aus der süßen Tortenmasse mithilfe von Blätterteig gern ein frisches Sandwich-Eis. Und skizzierte in einer nächtlichen Eingebung einen schlichten Apparat, der das mit nur wenigen Handgriffen vollbrachte. Jahrzehnte später fand er die Zeichnungen beim Aufräumen wieder. "Ist das ein Raumschiff?", war das Erste, was Petersens Frau Sylwia zu der Kritzelei von damals einfiel.
Heute lebt das Ehepaar vom Vertrieb des Sandwich-Kippers, wie es die Erfindung getauft hat. Mehrere Hundert Eisdielen in Schleswig-Holstein, von St. Peter-Ording bis Eckernförde, fabrizieren damit seit dem vergangenen Sommer Sandwich-Eis, das es im Handel bislang nur tiefgefroren gab. "Selbst in New York und auf den Kanaren gibt es schon Eisdielen, die unser Gerät nutzen", frohlockt Petersen, ein jugendlich wirkender Typ in Jeans und Lederjacke.
Auch in Hamburg hat der findige Konditormeister bereits mehr als ein Dutzend Kunden überzeugt. Einer von ihnen ist Rafal Talewski vom Eiscafé Höft an der Bramfelder Chaussee, wo es seit Anfang des Jahres frisches Sandwich-Eis gibt. "Vor allem Kinder finden das gut", sagt der Gastronom. "Der Vorteil zu tiefgefrorenem Sandwich-Eis liegt auf der Hand: Die Waffel ist noch knackig und die Kunden können sich die Eissorten selbst aussuchen."
Zudem hat er den Kipper vorerst exklusiv - Petersen hat sich verpflichtet, sein Produkt in diesem Jahr im Umkreis von drei Kilometern nicht an andere Eisdielen zu vertreiben. Auch die Handhabung ist einfach: Der Verkäufer hält das Gerät am Stahlgriff fest, gibt eine speziell angefertigte Waffelscheibe hinein, darauf je nach Kundenwunsch zwei bis vier Eiskugeln. Obendrauf kommt eine weitere Waffel, der Eismann drückt einen Hebel und das Gerät lässt das süße Ergebnis herauskippen.
Damit keiner diese eigentlich simple Idee kopiert, hat Siegfried Petersen sie beim Deutschen Patentamt schützen lassen. So darf er sich als einer von Schleswig-Holsteins erfolgreichen Erfindern bezeichnen: Im Jahr 2010 gab es im nördlichsten deutschen Bundesland nur 561 Anmeldungen beim Patentamt, der Anteil an allen deutschen Erfindungen machte 1,2 Prozent aus.
Zum Vergleich: Hamburg hatte mit 905 Anmeldungen einen Anteil von 1,9 Prozent. Umgerechnet auf 100.000 Einwohner gab es aus Schleswig-Holstein mit 20 Anmeldungen weniger als halb so viele patentwürdige Ideen wie aus Hamburg (51 Anmeldungen). Deutscher Spitzenreiter ist Baden-Württemberg: Mit einem Anteil von 31,5 Prozent oder 14.800 Patentanmeldungen gab es im vergangenen Jahr 138 schutzwürdige Entwürfe pro 100.000 Einwohner.
Auch beim Europäischen Patentamt liegt bereits ein Antrag auf Kopierschutz für Petersen Kippeinrichtung vor. Fünf Jahre Entwicklungszeit und Investitionen in fünfstelliger Höhe sollen sich schließlich auszahlen. "Die Investitionskosten hat der Kipper schon wieder eingebracht", sagt Petersen. Das soll sich künftig noch steigern: "Unser Geschäft ist unglaublich ausbaufähig", gibt sich der Hobby-Erfinder überzeugt. Denn auch die Waffeln für den Sandwich-Kipper müssen Besitzer von Eisdielen direkt bei Petersen bestellen. Zu Weihnachten sollen sie mit Zimtgeschmack erhältlich sein, für jede Jahreszeit ist eine andere Variante denkbar. Die Produktion von Gerät und Waffeln hat der Schleswiger bei etablierten Firmen in Auftrag gegeben.
Für seinen Sandwich-Kipper sieht Petersen ähnliche Chancen wie für Spaghetti-Eis, das ein deutscher Fabrikant Ende der Sechzigerjahre erfunden hatte. Bei den Deutschen, die jährlich im Schnitt 7,7 Liter Eis pro Kopf schlecken, hat es sich längst zu einem Klassiker gemausert. "Wir wollen den europäischen Markt erobern", beschreibt Petersen seine unternehmerischen Ziele, für die er demnächst weiteres Personal verpflichten möchte. Momentan haben er und seine Frau mit den beiden Teilzeitkräften alle Hände voll zu tun, die Zigtausend deutschen Eisdielen als Kunden zu gewinnen.