Ein Zustrom von Hunderttausenden oder gar Millionen Arbeitssuchender aus Ländern wie Polen, Tschechien oder Slowenien - für viele Deutsche ist das eine Schreckensvision. Denn bedeutet das nicht, dass gerade diejenigen Einheimischen, die es ohnehin schon nicht leicht haben, künftig noch mehr Probleme bei der Jobsuche bekommen?

Tatsächlich ginge es aber an der Realität vorbei, in Zuwanderern aus Osteuropa nur eine unerwünschte Billigkonkurrenz zu sehen, mit denen die Firmen Lohndumping betreiben können. Zwar könnte es nicht schaden, wenn man die neue Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt zum Anlass nähme, stärker gegen ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse vorzugehen. Aber genauso wichtig ist es, Deutschland attraktiv zu machen für junge, gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland. Denn etliche bundesdeutsche Branchen können ihren Personalbedarf auf absehbare Zeit nicht mehr mit Nachwuchs aus dem eigenen Land decken - mit der Folge, dass sie Geschäftschancen ungenutzt lassen müssen.

Doch gerade die ausländischen Spezialisten, die hier aus Sicht der Wirtschaft äußerst erwünscht wären, haben sich in den vergangenen Jahren häufig für andere Länder entschieden, zum Beispiel für Großbritannien. Das mag an der Sprache liegen: Englisch haben viele der jüngeren Osteuropäer mit qualifizierter Ausbildung ohnehin gelernt. Aber das ist nicht die einzige Erklärung. Noch viel zu häufig vermittelt Deutschland den Ausländern den Eindruck, dass sie nicht wirklich willkommen sind. Solange sich das nicht ändert, werden wir die Chancen der Zuwanderung nicht ausschöpfen.