Ein Kommentar von Iris Hellmuth

Erinnern Sie sich noch an Li Yue? Auch wenn der Name nicht im Gedächtnis geblieben ist - bestimmt ist es ihre Geschichte. Li Yue ist das Mädchen mit dem roten Ballettschuh. Sie trug ihn bei der Eröffnungsfeier der Paralympischen Spiele von Peking, als sie in ihrem Rollstuhl ein Solo tanzte; kurz zuvor hatte sie als Einzige ihrer Schulklasse das Erdbeben von Sichuan überlebt. Dabei verlor sie ein Bein.

Beide Eröffnungsfeiern der Spiele 2008 - die für behinderte und die für nicht behinderte Sportler - waren bezaubernd. Künstler des Landes traten auf, die nicht nur die Kultur dieses riesigen Reichs präsentierten, sondern auch das ihrer unterdrückten Minderheiten. Ein freies China schien möglich, für einen Moment.

Knapp drei Jahre später greift man sich an den Kopf: Wie töricht man doch war, sich auf die Bilder einzulassen. 2010 wurde der Friedensnobelpreis an Liu Xiaobo verliehen, einem Literaten hinter Gittern, das hatten bis dato nur die Nazis geschafft. Nun sitzt Wei Wei in Haft. China hat sein Versprechen von 2008 nicht gehalten. Das ist tragisch für das Land, noch tragischer für die Künstler, die es meistens trifft, weil die Kunst ohne Freiheit nicht kann. Und umgekehrt.

Erinnern Sie sich, wer damals den Auftritt von Li Yue in Peking gesehen hat? Mahmud Ahmadinedschad, der iranische Diktator. Zu Gast bei Freunden war er. Schon damals.