Dr. Hans-Peter Burghof, 47, ist Professor am Lehrstuhl für Bankwirtschaft an der Uni Hohenheim

Hamburger Abendblatt:

1. Die Verluste der isländischen Pleitebank Icesave betragen pro Einwohner Islands 12 000 Euro. Ist es da nicht verständlich, dass die Isländer per Volksabstimmung sich dagegen wehren, diese Schulden zu bezahlen?

Prof. Hans-Peter Burghof:

Das ist sehr verständlich. Jeder Bürger muss sich doch fragen, warum er für das Verhalten anderer haften soll. Leider haften wir - wie in jedem anderen Land auch - für die Fehler der Politiker oder für die Fehler derer, die unsere Banken regulieren.

2. Wäre es sinnvoller, statt der Steuerzahler in Island die 340 000 Kunden der Icesave-Bank - darunter viele im Ausland, die ihr Geld angelegt hatten - die Verluste tragen zu lassen?

Burghof:

Das kommt darauf an, wie die Haftungsverhältnisse im Einzelfall geregelt sind. Soweit hinter den Bankeinlagen eine Garantieerklärung des isländischen Staates steht, muss der Staat dazu stehen. Gibt es diese Garantie nicht, dann gehört ein Verlust zum wirtschaftlichen Risiko des Anlegers. Genau diese Frage ist jedoch zwischen Island und seinen Gläubigern umstritten.

3. Wenn das Beispiel Island Schule macht, wird das Konsequenzen in das Vertrauen der Banken auch bei uns haben?

Burghof:

Ja, eine mögliche Konsequenz sehe ich darin, dass Bürger den Banken weniger vertrauen. Das hätte eine positive und eine negative Dimension. Einerseits macht es das Leben komplizierter, weil man sich genau überlegen muss, wo man sein Geld anlegt, ob es Garantien gibt und welche Art Bank dahintersteht. Das ist aber auch positiv zu sehen, denn die fehlende Kontrolle durch den Markt ist ja mit verantwortlich für die Auswüchse, die wir gehabt haben, weil jeder vertraut hat, es würde nichts schiefgehen. Und wenn doch, sorgt der Staat dafür, dass man keine Verluste erleidet.

4. Wenn der Staat für Pleitebanken einspringt, besteht dann nicht die Hoffnung, dass Geld wieder zurückfließt, wie jüngst von der Commerzbank?

Burghof:

Es ist sinnvoll, dass der Staat, wenn er das Risiko übernimmt, damit auch die Chance erwirbt, an Gewinnen teilzuhaben. Bei der Commerzbank hätte ich mir gewünscht, dass die Bürger stärker an dieser Chance beteiligt gewesen wären, als es der Fall war. Bei den isländischen Banken dürften die Chancen auf vergleichbare Gewinne aber nur sehr, sehr klein sein.

5. Sollte auch bei uns das Volk direkt abstimmen, ob der Staat Bankschulden übernimmt?

Burghof:

Nein, wir müssen versuchen, die Stabilität des Finanzsystems zu sichern. Das Instrument einer Volksabstimmung ist für solche Problemfälle viel zu schwerfällig. Da sehe ich keine sinnvolle Möglichkeit.