Nach der Schlappe bei der Vergabe der Exzellenz-Millionen sollte die Stadt auf bessere Studienbedingungen setzen, meint der Hochschulexperte

Hamburgs Universitäten haben keine Chance mehr, in der dritten und letzten Runde der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zu "Exzellenzuniversitäten" zu werden. In der sogenannten dritten Förderlinie, bei der die Zukunftskonzepte von Universitäten begutachtet wurden und in der am meisten Mittel vergeben werden, ist Hamburg nicht dabei. Immerhin 2,7 Milliarden Euro werden den erfolgreichen Hochschulen von Bund und Ländern ab 2012 für fünf Jahre zur Verfügung gestellt, um die Spitzenforschung zu fördern. Die jüngste Entscheidung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Wissenschaftsrats hat für Hamburg erhebliche langfristige Folgen, denn alle Chancen, doch noch irgendwie "exzellent" zu werden, sind vertan. Das Ergebnis ist alles andere als ein kleiner Schönheitsfehler. Das Ausmaß dieser Entscheidung gegen Hamburg wird erkennbar, wenn man sich die Landkarte von Wissenschaftsdeutschland ansieht. Der Vergleich mit Italien drängt sich auf, nur umgekehrt: Während dort im Norden die Wirtschaftskraft und im Süden der Mezzogiorno das Bild prägen, ist es in Deutschland anders herum: Die wissenschaftlichen Kraftzentren liegen im Süden der Republik, der Norden und der Osten fallen zurück.

Das wird durch Folgeeffekte verstärkt. Denn dort, wo an bestens ausgestatteten Exzellenzuniversitäten geforscht wird, wie in München, Karlsruhe, Freiburg, Konstanz und Heidelberg, siedeln Gründerzentren, Innovationscluster, Inkubatoren, forschungs- und entwicklungsintensive Industrien.

Diese Multiplikatoreffekte verstärken den Mezzogiorno-Effekt zusätzlich. Kein Wunder, dass Hamburg somit in der Prognos-Studie über die Zukunftsaussichten deutscher Metropolen sofort vom zweiten Platz nach hinten abrutschte. Dagegen hilft noch nicht einmal der an Universitäten reflexhafte Ruf nach mehr Geld. Die per Exzellenzinitiative umverteilten Mittel sind im Landeshaushalt allein überhaupt nicht darzustellen. Auch die für die Hamburger Wissenschaft wichtige Stiftungslandschaft reicht an diese Dimensionen nie und nimmer heran. Auffallend ist, dass Hamburg offenbar keinen Plan B hat - obwohl das schlechte Abschneiden nicht nur von Insidern vorauszusehen war. Was tun, um nun trotzdem die Zukunftschancen einer wachsenden Metropolregion zu sichern?

Die Leitfrage lautet: Wie bewegt man talentierte und kreative junge Menschen im Lebensalter von 18 bis 25, in dem die Mobilität am größten ist, nach Hamburg zu ziehen und nicht nach Freiburg, München oder Heidelberg? Wie erreicht man es, statt oder neben der "Nahversorgung" für Pinneberg, Norderstedt und Uelzen mehr fähige Köpfe aus Deutschland und vor allem dem Ausland zu gewinnen? Mehr Forschungsgelder stehen nicht zur Verfügung. Möglicherweise sind aber Forschungsmittel nicht das Entscheidende, um für Studierende attraktiv zu sein.

Mein Vorschlag lautet, in puncto Lehre, Ausbildungs- und Studienqualität die beste Stadt Deutschlands zu werden. Die zehnköpfige Doktorandengruppe zur Nano-Partikel-Molekularforschung bekommen wir zwar nicht. Wir könnten uns aber um die besten Studienbedingungen in den MINT-Fächern, den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und den Geistes- und Erziehungswissenschaften bemühen. Dazu bedarf es Investitionen in einer Größenordnung, die auch ein Landeshaushalt schaffen kann: Die bereits beschlossene Erweiterung der Universität in Eimsbüttel, der Neubau der Hafen-City-Universität in attraktiver Lage und die Umwidmung der Schwarzenberg-Kaserne in Harburg sollten genutzt werden, ideale Lern- und Studienbedingungen zu schaffen: Räume für kleine Gruppen, moderne Ausstattung und eine Architektur, deren Nutzung sich am Lebensgefühl von Studierenden orientiert - Terrassen, Cafés, Lounges, Arbeits- und Ruhezonen. Beim Gang durchs Grindelviertel darf gar nicht erkennbar werden, welche Straßenseite von Cafés und welche von der Universität belegt wird. Hinzu kommt eine weitere Investition in die Attraktivität und die Lebensqualität für Studierende: günstiger Wohnraum für Studenten, wozu neben Wohnheimplätzen auch "Student Services" gehören - Beratungsangebote, Studienbetreuung, Kita-Plätze, günstiges Mensaessen und vor jeder Fakultät eine Fahrrad-Verleihstation. Dass man mit einem solchen Profil erfolgreich sein kann, zeigt das Beispiel der Universität Maastricht. Unter dem Motto "Leading in Learning" hat sich die niederländische Hochschule mit diesem Konzept zu einem Magneten für junge Menschen aus ganz Europa entwickelt.

Hamburg muss die Stärken, die es hat, nutzen und mit dem Reiz und der Attraktivität der Stadt die Attraktivität der Unis nach oben ziehen.