Rückreise. Unter mir die Wüste. Rechts taucht der Kilimandscharo aus den Wolken auf. Gut 1000 Kilometer hinter mir liegt Malawi. Popstar Madonna, die sich in dem afrikanischen Land mit einer umstrittenen Schulstiftung engagiert, habe ich nicht getroffen. Aber meine Freundin Julia. Vor 35 Jahren sind wir zusammen zur Schule gegangen, haben kleine Geheimnisse und große Lieben geteilt. Wir waren Groupies einer kommunistischen Partei, haben in der U-Bahn Marx gelesen und gegen Atomkraftwerke demonstriert. Ich weiß noch, dass mein Vater mir deswegen beim Duschen das heiße Wasser abdrehte und ich bei Demos fassungslos weinte angesichts der Staatsgewalt mit Wasserwerfern und Schlagstöcken.

Jetzt arbeitet Julia seit vielen Jahren in der Entwicklungshilfe.

Malawi gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. 42 Prozent der Einwohner verdienen weniger als einen Dollar am Tag. Ein Drittel ist dauerhaft unterernährt. Jeder siebte HIV-positiv. Die Gespräche und Bilder der vergangenen zwei Wochen gehen mir durch Kopf und Herz. Die Menschen, die immer zu Fuß gehen, ihre Lasten kilometerweit tragen. Die wenig mehr haben als das Hemd auf der Haut. Die Kinder mit den Wassereimern auf dem Kopf, die sie am Dorfbrunnen füllen. Das Schnaufen der Nilpferde im River Shire und die zum Weinen schöne Landschaft. Und Simon, der mit 100 Euro im Monat seine Familie durchbringt und mir zum Schluss sagt: "Bete für mein Land."

Frankfurt ist nur zwölf Flugstunden entfernt. Zu Hause empfangen mich die bedrohlichen Nachrichten über die Folgen von Fukushima. Die Sicherheit unserer hochgerüsteten Technik ist eine Lüge. Ein Mythos, der die Macht hat, die Welt zu zerstören. Die deutsche Industrie erklärt, der Atomausstieg gefährde Wachstum und Wohlstand. Aber das sind die goldenen Kälber, um die wir tanzen. Risiken und Nebenwirkungen tragen Menschen, die nicht auf der Gewinnerseite stehen. Malawische Bauern, die Fischer im Golf von Mexiko, die Rettungskräfte in Fukushima. Viele Tausende, die ihre Heimat verlieren.

"Reich ist nicht, wer viel hat, sondern wer wenig braucht", sagt eine alte christliche Weisheit. Was wir als Jugendliche befürchtet haben, ist eingetreten. Wir müssen uns nicht um unseren Wohlstand sorgen, sondern uns fürchten vor einem Wachstum, das kein Halten kennt und über Leichen geht.

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