Eine Kreativagentur aus Hamburg macht Flüge in der ersten Klasse angenehmer. Nicht nur Lufthansa ist Kunde. Das Team ist klein.

Hamburg. Die nächste First-Class-Kabine in den Boeing 747 Jumbojets der Lufthansa ist ein echtes Hamburger Projekt: Zwischen April und November erhalten zehn der 30 Flieger in den Hallen von Lufthansa Technik eine komplett neue Ausstattung ihrer Premiumklasse, entworfen wurde sie von Mitarbeitern des Designbüros müller/romca am Hafenrand, gegenüber der Speicherstadt. Während der Einbau der neuen Kabine jeweils nur rund zwei Wochen in Anspruch nimmt, dauerte die Entwicklung zweieinhalb Jahre - nicht einmal lange für ein derartiges Projekt: "Das ging sportlich durch", sagt Jochen Müller, einer der beiden Inhaber der Designagentur. Bis zu fünf ihrer Beschäftigten haben mitgewirkt und damit ein Großteil der gesamten Belegschaft von acht Personen, von denen je vier in Hamburg und im Kieler Büro arbeiten.

Herausgekommen ist eine wirklich innovative Lösung: Erstmals werden in einen Linienjet feste Betten eingebaut. Zwar erinnert die neue First-Class der Lufthansa Boeing im Stil an die vor knapp einem Jahr vorgestellte Premiumkabine in dem Airbus A380 des Kranich-Konzerns. "Aber tatsächlich sind die Kopfpolster das Einzige, was wir unverändert übernommen haben", sagt Mitinhaber Jens Romca.

Weil eine Boeing 747 im Oberdeck weniger Raum bietet als der Riesenairbus, mussten die Sitze komplett neu entwickelt werden. Das erforderte etliche Dienstreisen: "Die Sitzgestelle kommen aus den USA, die Lederpolster aus Bayern und Staufächer aus der Schweiz", erklärt Müller.

Während es im exklusiv eingerichteten Oberdeck bisher 16 Passagierplätze gibt, stehen im Jumbo dort künftig nur noch acht Sessel und acht dazugehörige Betten, was deutlich luftiger wirkt. "Eine First-Class-Kabine soll Begehrlichkeiten wecken - und Platz ist nun einmal der größte Luxus in einem Flugzeug", findet Romca.

Anders als die teils recht verspielt anmutenden Ausstattungen asiatischer und arabischer Fluggesellschaften, bei denen sich die zahlungskräftigen Gäste zudem häufig hinter Sichtblenden verbergen, wirkt der Entwurf der Hamburger geradlinig und offen - "eben passend zur Lufthansa", sagt Müller. "Die Passagiere wollen solche Unterschiede zwischen den Airlines."

Im Luftfahrtbereich ist er mit seinen Kollegen nicht nur für die Lufthansa tätig: "Alle Langstreckentypen von Airbus einschließlich des A380 fliegen mit Waschräumen von uns." Zwar mag es für Außenstehende wenig glamourös erscheinen, Bordtoiletten zu designen. Doch dahinter steckt jahrelange Arbeit, die hohe Flexibilität erfordert. Es beginnt mit einer Art Puzzle, bei dem mit Papierausschnitten auf gezeichneten Grundrissen experimentiert wird, ob zum Beispiel auch ein Rollstuhlfahrer genug Platz findet. Dann beginnt die Konstruktionsarbeit am Computer, ergänzt immer wieder durch selbstgebaute Modelle aus Spanplatte und Pappe. Müller ist gelernter Tischler, die meisten der Beschäftigten haben ebenfalls handwerkliche Erfahrung.

Aber auch von den Eigenschaften verschiedener Materialien muss man etwas verstehen, wie eines der nächsten Projekte zeigt: Es gilt, Toilettenböden für die Lufthansa zu entwerfen. "Wir entwickeln dabei Oberflächen, die nicht nur attraktiv aussehen, sondern sich leicht reinigen lassen", sagt Romca. Über einen anderen Großauftrag, das Kabinendesign eines VIP-Fliegers, darf er nichts verraten. Auf der Flugzeugkabinenmesse Aircraft Interiors Expo werden Produkte von müller/romca präsentiert, außerdem gehört das Designbüro zu den Finalisten für den im Rahmen der Messe vergebenen Innovationspreis Crystal Cabin Award.

Etwa 60 Prozent des Geschäfts der Agentur betreffen die Luftfahrt, daneben bringen die Mitarbeiter auch Lokomotiven, Zug-Interieurs oder Wohnwagen in Form. "Wir haben uns auf kleine Räume spezialisiert", so Romca. Schon als Student hat er zeitweise bei Airbus gearbeitet und zusammen mit seinem Kommilitonen Müller im Jahr 1993, unmittelbar nach dem Examen als Industriedesigner in Kiel, die eigene Firma gegründet. "Eigentlich ist das nicht der klassische Weg", gibt Romca zu, "aber wir hatten ja schon Aufträge."

Trotz des zunehmenden Bekanntheitsgrades in der Branche soll das Unternehmen nicht auf deutlich über zehn Beschäftigte hinauswachsen. "Wenn das Telefon klingelt, nehmen die Inhaber noch selber ab", sagt Müller. "Das wird von den Kunden auch geschätzt."