Mit einem einjährigen “Kernpraktikum“ während des Studiums sollen Lehramtsstudenten auf ihre Tätigkeit in der Schule vorbereitet werden.

Hamburg. Das ist nun wirklich ein dickes Brett, das entsprechend lang gebohrt wurde: Vor zehn Jahren legten die damaligen Senatorinnen Rosemarie Raab (Schule, SPD) und Krista Sager (Wissenschaft, GAL) ein Gutachten vor, das erheblichen Reformbedarf bei der Ausbildung des Lehrernachwuchses anmahnte. Vor allem der Praxisanteil während des Studiums müsse erhöht werden, damit die Studierenden frühzeitig wissen, was an der Schule auf sie zukommt und ob sie den Anforderungen des Berufs gewachsen sind.

Gestern nun haben rund 370 Lehramts-Studierende ihr Kernpraktikum begonnen. Ein Jahr lang werden die künftigen Lehrer, verteilt auf 200 Standorte, einen Tag pro Woche in der Schule verbringen. Während der vorlesungsfreien Zeit absolvieren sie zudem zwei Schulpraktika mit einer Länge von zusammen neun Wochen.

Mit dem fest in das Studium integrierten Praxis-Check liegt Hamburg im bundesweiten Vergleich weit vorn, denn in fast allen Ländern wird an einer Reformkonzeption für die Lehrerausbildung gearbeitet. Als besonders vorbildlich gilt die enge Zusammenarbeit der unterschiedlichen Institutionen, die traditionell eher auf Abgrenzung achten: die Universität, das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, das eigentlich für das Referendariat zuständig ist, und die Praktiker vor Ort in den Schulen.

"Das Kernpraktikum ist eine sinnvolle Sache", sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD). "Die Lehrerbildung muss deutlich praxisnäher werden, damit die Studenten frühzeitig ein Gefühl dafür bekommen, wie Schule funktioniert und was es bedeutet, vor Schülern zu stehen."

Prof. Reiner Lehberger vom Zentrum für Lehrerbildung Hamburg (ZLH), das die Reform koordiniert, sieht einen "Qualitätssprung" in der Einführung des Kernpraktikums. "Früher hat man eher nebeneinander hergearbeitet. Jetzt sind alle Seiten an der Planung und Durchführung beteiligt, weil es einen einheitlichen politischen Willen gibt", sagt Lehberger. Den Erziehungswissenschaftler freut besonders, dass die Prakitiker vor Ort, also die berufserfahrenen Lehrer, einbezogen sind. "Es gibt Schulungsprogramme für Lehrer, die als Mentoren für Studenten tätig werden", sagt Lehberger. Es gebe inzwischen auch Schulen, die einen Ausbildungsbeauftragten hätten.

Das Kernpraktikum absolvieren Studenten im achten und neunten Semester, die für den Masterstudiengang eines Lehramts eingeschrieben sind. Bereits eingeführt ist ein vierwöchiges Eignungspraktikum an einer Schule in der ersten Studienphase. "Sollten Schwierigkeiten auftreten, kann der Student ein Lehrertraining mit intensiver Beratung absolvieren", sagt Lehberger. Rund drei Prozent eines Jahrgangs nehmen dieses Angebot wahr. "Das sind die schwierigen Fälle", so der Wissenschaftler. "Aber der Begriff der Eignung wird nun nicht mehr statisch gesehen. Eignung kann man entwickeln."

Laut wissenschaftlichen Studien müsse man bei einem Drittel der Lehramtstudenten genauer hinsehen, weil zum Beispiel die Motivlage für die Berufswahl unklar sei. Aus Lehbergers Sicht darf das Kernpraktikum nicht zu einer Verkürzung des Referendariats führen. Rabe sieht keinen Grund für eine Verkürzung. "Die Veränderungen sollen erst einmal wirken und mit Leben erfüllt werden", sagt der Senator.