Eine Glosse von Alexander Josefowicz

"Wir danken für Ihr Verständnis!" Was für ein Satz. Ob defekte Toilette in der Theaterpause, ein ausgefallener Zug oder eine Autobahnbaustelle: Immer wird mein Verständnis stillschweigend vorausgesetzt. Anscheinend kommt niemand auf die Idee, dass ich nicht bereit sein könnte, jedes Ärgernis mit einem lässig dahingeworfenen "Ego te absolvo" zu den mentalen Akten zu legen.

Verstehen im Sinn von "intellektuell nachvollziehen" kann ich, dass die kinderkopfgroßen Löcher in der Fahrbahn beseitigt, die verbogenen Weichen repariert und der abgebrochene Spülkasten ersetzt werden müssen. Aber das gleichsam metaphysische, die Verzeihung bereits beinhaltende Verständnis will sich bei mir nicht einstellen. Auf das aber scheint der Satz zu zielen. Er ist ein perfides Spiel mit der Sprache, das mich rhetorisch zum Gutmenschentum zwingen soll.

Dabei ließe sich mein Hass auf verschlossene Klotüren, äonenlange Verspätungen und Staus so leicht eindämmen: "Wir bitten um Ihr Verständnis." Oder besser noch: "Wir bitten um Entschuldigung." Sofort würde ich mehr Gleichmut aufbringen. Aber Bitten gelten wohl als zu liebedienerisch. Schließlich handelt es sich um wichtige Arbeit. Da ist nicht die Zeit für Sinnfälliges, da hat man froh zu sein, wenn einem gedankt wird.

Falls ich Sie durch die Lektüre von Wichtigerem abgehalten habe, Ihnen Ihre Zeit gestohlen haben sollte, entschuldige ich mich natürlich und danke für Ihr Verständnis.