Der 22-Jährige ist ein Negativ-Beispiel für die Wirksamkeit des Jugendstrafrechts. Ein Bergedorfer Richter hatte ihn Ende 2008 wegen Raubes und Körperverletzung zu Arbeitsauflagen verurteilt.

Neustadt. Der 22-Jährige ist ein Negativ-Beispiel für die Wirksamkeit des Jugendstrafrechts. Ein Bergedorfer Richter hatte ihn Ende 2008 wegen Raubes und Körperverletzung zu Arbeitsauflagen verurteilt. Im März 2010 verdonnerte ihn derselbe Amtsrichter zu zwei Jahren Jugendarrest. Weil er geraubt, unterschlagen und gestohlen hatte. Außerdem hatte er Jugendliche mit einem Springmesser bedroht und sie gezwungen, Handyverträge abzuschließen, damit er das subventionierte Telefon weiterverkaufen konnte. Im Herbst 2010 war der vorläufige Tiefpunkt seiner kriminellen Karriere. Im Streit hätte Vincenzo B. den früheren Liebhaber seiner Freundin mit einem Messer beinahe umgebracht.

Seit gestern steht der 22-Jährige - schwarze zurückgegelte Haare, schmaler Schnauzer - wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht. Und auch, weil er im Mai 2010 erneut einen Jugendlichen bedroht haben soll, damit der einen Handyvertrag für ihn abschließt. Allein was er zu diesem Fall zu erzählen hat, klingt so abenteuerlich, dass der Vorsitzende Richter auf die forsche Frage des Angeklagten, ob er "alles verstanden habe", kühl antwortet: "Ich habe es zur Kenntnis genommen."

Ähnlich lässig plaudert Vincenzo B. über die Bluttat vom 5. Oktober. Gegen Mitternacht sei er angetrunken in eine nahe gelegene Bar am Morsumer Weg (Billstedt) gegangen, um Zigaretten zu kaufen. Dort sei er zufällig Robert K. begegnet. Der 24-Jährige habe ihm den Weg versperrt, als er das Lokal verlassen wollte. Jahre zuvor habe Robert K. eine sexuelle Affäre mit seiner Freundin Vanessa D. gehabt, sei möglicherweise sogar der Vater ihres Sohnes. "Ich kann jederzeit wieder etwas mit ihr haben", habe Robert K. getönt. Dann habe ihm der Mann befohlen: "Hol deine Freundin runter, damit sie mit mir feiern kann, du kannst auf das Kind aufpassen."

Darauf sei der Streit eskaliert. Während des Gerangels habe Robert K. ein Messer gezückt. "Ich hatte Todesangst", sagt der Angeklagte. Sie seien ins Straucheln geraten, er habe das auf den Boden gefallene Messer zuerst in die Finger bekommen und auf dem Rücken liegend mit der Klinge um sich gestochen, um weitere Angriffe abzuwehren. Die Verletzungen des Opfers waren indes verheerend: Auf einer Länge von 40 Zentimetern soll er den Bauch von Robert K. aufgeschlitzt haben. Robert K. überlebte mit viel Glück.

"Es tut mir übertrieben leid, ehrlich", sagt der Angeklagte. "Aber ich habe mich nur für meine Frau eingesetzt." Wenige Tage nach der Bluttat hatte er sich der Polizei gestellt. Der Prozess wird fortgesetzt.