27-Jähriger wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafe verurteilt. Er hatte den Unfall verursacht bei dem Chriss Tuxi starb.

Neustadt. Es war eine Katastrophe. Langsam fuhr der Porsche Boxter auf der linken Abbiegespur der Ludwig-Erhard-Straße an, als wie aus dem Nichts aus Richtung Holstenwall ein Opel Speedster auftauchte und den Sportwagen auf der Beifahrerseite rammte. Ein Taxifahrer sah einen "gigantischen Feuer- und Staubball", Glassplitter prasselten auf sein Auto nieder. Die Situation erinnerte ihn "an ein Computerspiel, bei dem das Ziel ausgelöscht wird", so der Zeuge gestern vor Gericht. "Es war furchterregend."

Ein Mann starb bei dem Unfall am 18. Juli: Christian C. alias DJ Chriss Tuxi. Kurz zuvor hatten dem 37-jährigen Schlagersänger bei einer "Schlagermove"-Party in der Fischerauktionshalle noch Tausende Fans zugejubelt. Sein Freund Mirko S., 36, wollte ihn gegen 5 Uhr früh ins Hotel fahren, als der Opel in seinen Wagen krachte. Der Sänger war sofort tot, die Kollision hatte seinen Herzbeutel zerfetzt. Mirko S. überlebte mit schwersten Verletzungen.

Wie ein Häufchen Elend sitzt Andreas K., ein blasser Typ mit roten, ganz verweinten Augen, gestern vor dem Amtsrichter. Verantworten muss er sich wegen fahrlässiger Tötung: Der 27-Jährige hat einen Menschen umgebracht, ohne Mörder oder Totschläger zu sein. Er wollte seinen Tod nicht und trägt doch allein die Schuld daran. In jener Nacht hatte er 1,3 Promille Alkohol im Blut, überfuhr zuerst eine rote Ampel und raste dann mit Tempo 120 in den Porsche. Ungebremst.

"Ich erinnere mich an nichts mehr", sagt er vor Gericht unter Tränen. Der Speditionskaufmann hatte zuvor mit Freunden in Norderstedt die Einweihung seines neuen Hauses gefeiert und kräftig gebechert. Er weiß noch, wie er sich an einen Tisch setzte, dann aber reißen die Erinnerungen ab. Freunde hätten ihm später erzählt, dass er die Party um 3 Uhr auflöste und zu seiner Verlobten ins Schlafzimmer ging.

Warum er dann doch mit seinem Firmenwagen von Norderstedt nach Hamburg fuhr - Andreas K. hat angeblich nicht die leiseste Ahnung. Selbst intensive Psychotherapie und Hypnosesitzungen hätten keine Erinnerungen zutage gefördert. Die Tat passe nicht zu ihm. Er sei ein umsichtiger Fahrer, kein Raser, einer mit null Punkten in Flensburg. Und schon gar nicht jemand, der sich mit Alkohol hinters Steuer setze.

Andreas K. verdränge das Geschehen womöglich, sagt der Richter. Bei einem Alkoholwert von 1, 3 Promille müsste er sich wenigstens fragmentarisch erinnern. Der Angeklagte klingt verzweifelt. "Ich frage mich wieder und wieder, warum ich das gemacht habe. Ich weiß es einfach nicht", sagt er und bittet die Angehörigen von Chriss Tuxi um Entschuldigung. Fast flehentlich und unter Tränen pocht er mit ineinander verkrallten Händen auf den Tisch. "Es tut mir unendlich leid", sagt er. Auf Absolution darf der verzweifelte Mann, der seit dem Unfall eine Gehhilfe benötigt, indes nicht hoffen: Die Hinterbliebenen im Zuschauerraum reagieren kühl, einige schnauben verächtlich.

Sie fordern Genugtuung für den Tod von Christian C., der es als DJ und Schlagersänger Chriss Tuxi weit gebracht hatte. Eine gemeinsam mit Peter Wackel produzierte Coverversion des Roland-Kaiser-Hits "Joana" landete Anfang 2006 auf Platz 14 der deutschen Charts. Tuxi feierte Erfolge auf Mallorca, wo er im "Bierkönig" zielgruppengerecht übers Saufen und Partymachen sang. Dass es ein Betrunkener war, der seinen Tod verschuldete, gehört zu den bitteren Wahrheiten dieser Verhandlung. Es wäre wünschenswert, wenn vor allem mehr Jugendliche der tragischen Folgen einer Alkoholfahrt gewahr würden, sagt der Staatsanwalt. Insofern eigne sich ein Prozess wie dieser perfekt zur Abschreckung.

Das Gericht verurteilt Andreas K. zu einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten auf Bewährung und einer zweijährigen Führerscheinsperre. Zudem muss er 5000 Euro Schmerzensgeld an Mirko S. zahlen, der seit dem Unfall unter Angstzuständen leidet. "Ihr Verhalten war im gröbsten Maße fahrlässig", sagt er. Wäre Andreas K. kaltschnäuziger aufgetreten und nicht so reuig, hätte er ihn ins Gefängnis geschickt, so der Richter.

Den Hinterbliebenen und Freunden ist das egal: Christian C., der zur falschen Zeit am falschen Ort war, ist tot. Aber Andreas K. lebt - für alle Zeiten auch mit der Gewissheit, einen Menschen getötet zu haben.