Ein Regierungschef, der bereits ein Dutzend Mal angeklagt war, unter anderem wegen Korruption, Amtsmissbrauchs, Betrugs und Bestechung: Das ist Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, ein mehrfach gelifteter, knapp 75-Jähriger, der am Kopf transplantierte Haare trägt und an den Füßen Absätze, der als "Operettenfigur" oder "gefährlicher Clown" bezeichnet wird oder auch als "Zitatenschleuder", weil er ständig Peinlichkeiten ausspricht, und der trotzdem bereits dreimal gewählt worden ist. Kann man sich ein gegensätzlicheres Paar vorstellen als diesen Selfmade-Milliardär, ehemals Staubsaugervertreter und Sänger auf Kreuzfahrtschiffen - und den Schauspieler George Clooney, Kriegsgegner und Demokrat, der das moralische Gewissen Hollywoods vertritt und schon mehrfach zum "sexiest man alive" gekürt worden ist?

Wieder einmal steht Berlusconi vor Gericht - der Prozess beginnt am kommenden Mittwoch. Und das, zumal er oft genug behauptet hat, er könne alle Frauen haben, nur Justitia nicht: "Man muss das Land von Staatsanwälten erlösen, die unsere Freiheit bedrohen", sagt er dann gerne. Es geht um "Bunga-Bunga-Partys" in Berlusconis Mailänder Residenz Arcore, um Sexgelage mit minderjährigen Mädchen, die sich prostituieren. Eine durchaus als exzentrisch zu bezeichnende Freizeitgestaltung, wenn man das Opa-Alter des Regierungschefs und das Teenie-Alter der beteiligten Tänzerin Ruby Rubacuori zugrunde legt und auf knapp 60 Jahre Unterschied kommt. Lässt er sich deshalb "Papi" nennen?

Nun soll George Clooney als Zeuge vorgeladen werden. Angeblich hat er eine der Partys besucht, auf der es sehr hormonisch zugegangen sein soll. Fotos bezeugen, dass es dort hoch hergegangen ist. Berlusconi, der behauptet: "Keiner meiner Minister ist so gut bestückt wie ich", hat, den Fotos zufolge, stets genügend männliche Gäste gefunden, die den Vergleich mit ihm nicht scheuen. Vielleicht hätte Guido Westerwelle bei seinem Wutausbruch über "spätrömische Dekadenz" der Einfachheit halber auf Berlusconi statt auf Hartz-IV-Empfänger verweisen sollen. Nun erklärte Ruby, die Berlusconi als "Mubaraks Nichte" ausgab, er habe den Begriff "Bunga Bunga" von Libyens Staatschef Gaddafi übernommen.

Wenn das mal nicht zu einem Zerwürfnis innerhalb der westlichen Allianz führt! Immerhin wollen vier italienische Minister bezeugen, dass auf den Festen nur über schöngeistige Literatur parliert wurde, begleitet von Karaoke-Gesang.

Nun wollen wir mal nicht gleich wieder an Bestechung denken, nur weil Berlusconi einst jeder italienischen Parlamentarierin, die für ihn gestimmt hatte, eine 1400-Euro-Uhr geschenkt hat. Ob er Ähnliches auch für die Tänzerinnen und TV-Sternchen übrig hatte, die er ins Europaparlament entsandte unter Hinzufügung des Satzes: "Jetzt gibt es dort endlich Leute, die gut angezogen sind und nicht stinken"?

Kann man sich vorstellen, dass George Clooney, über dessen sexuelle Orientierung die Frauenwelt ja ab und an Trauriges hört, solche Partys nötig hätte? Mädchen kaufen? Wo doch ungefähr zwei Drittel der weiblichen Weltbevölkerung liebend gern mit ihm durchbrennen würden. Oder wenigstens einmal seine tiefe, sexy Stimme und sein makelloses Gebiss gern ganz nah am Ohr spüren würden. Clooney behauptet schon vorab, er habe Berlusconi nur ein einziges Mal getroffen und dabei mit ihm über die politische Lage in Darfur gesprochen. Worüber auch sonst?

Berlusconi hat Sprüche auf Lager wie: "Es ist besser, schöne Mädchen zu mögen, als schwul zu sein." Er kennt originelle politische Lösungen. Die von 5000 Einwohnern bewohnte Insel Lampedusa, die jüngst 6000 Flüchtlinge aufnehmen musste, hat er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Einer Arbeit suchenden jungen Frau versprach er als Lösung ihrer Probleme: "So wie Sie aussehen, könnten Sie meinen Sohn heiraten." Und italienische Erdbebenopfer tröstete er 2009: "Natürlich ist Ihre Unterbringung absolut provisorisch, aber man muss es eben nehmen wie ein Campingwochenende."

Wer wie der Ministerpräsident selbst von sich sagt, "täglich 14 Stunden arbeitet und sich dann regelmäßig nachts noch drei Stunden der Liebe hingibt", hat wohl nicht mehr viel Zeit und Kraft für Esprit. Von Clooney erwarten wir das dann aber doch. Bitte.