Ein Kommentar von Sven Stillich

Gerade habe ich als Redakteur die "Tatort"-Kritik auf Seite 20 textlich bearbeitet. Und ich bin richtig böse dabei geworden. Was nicht am Schreiber lag, sondern an dem, was er geschrieben hat - nämlich: dass der "Tatort" am Sonntag schon wieder ein gesellschaftliches Thema aufgreifen wird und der Kriminalfall den Drehbuchautoren wieder einmal nur als Vorwand dient, einen Kommentar zu einem größeren Thema abzugeben.

Ich frage mich: warum? Warum kann ein "Tatort" nicht einfach einen Krimi erzählen? Ein Schuss, ein Messer, etwas Gift, daraufhin eine Leiche, dann die Suche nach dem Mörder, vielleicht eine Verfolgungsjagd oder andere Action, und um 21.45 Uhr ist alles vorbei. Und was ich gesehen habe, war spannender als Anne Will. Was wirklich nicht schwer ist.

Aber nein: Entweder es geht eigentlich um Nazis, um die Gefahren im Internet oder - wie am Sonntag - um das Gesundheitssystem. Außerdem müssen die Ermittler gebrochene Persönlichkeiten sein, sie haben keine Beziehung oder eine schwierige zu ihren Kollegen, da ist den Drehbuchschreibern anscheinend alles recht - Hauptsache, das persönliche Problem eröffnet irgend einen langweiligen Nebenstrang, der dem Krimi zusätzliches Gewicht geben soll. Was meist zu langwierigen Dialogen führt, während denen der Kindsentführer mit seinem Opfer auf dem Weg zur Grenze ist. Warum ist das so? In diese Richtung gilt es endlich mal zu ermitteln.