Seisuke Narumiya schreibt zum Abschied einen bewegenden Brief. “Ich führte hier wirklich ein wunderbares Leben“, so Narumiya.

Hamburg. Nach drei Jahren hat der japanische Generalkonsul Seisuke Narumiya Hamburg in einem Airbus A380 der Lufthansa Richtung Tokio verlassen. In einem bewegenden Brief nimmt er Abschied von Norddeutschland. Hier sind Auszüge:

"Bisher habe ich in so einigen Städten Deutschlands gewohnt. Dabei empfand ich Hamburg als äußert angenehm, ich führte hier ein wirklich wunderbares Leben. Der Hauptgrund dafür ist überaus einfach: Ich konnte die Norddeutschen viel besser als alle andere verstehen, auch im übertragenen Sinn. Hier spricht man ein klares Hochdeutsch. Wenn ich nur daran denke, welche Probleme ich wegen der unterschiedlichen ausgeprägten Dialekte und Intonationen an meinen anderen Einsatzorten hatte! Ich war für die vier norddeutschen Bundesländer Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zuständig und hatte nie Schwierigkeiten, meine Gesprächspartner zu verstehen.

Als ich einmal einen Politiker lobte, ich hätte ihn zu fast 100 Prozent verstanden, erwiderte dieser, leider könne ihn seine eigene Frau lange nicht so gut verstehen.

Ich habe darüber nachgedacht, warum das Norddeutsche so leicht verständlich ist. Dabei bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass es neben den grammatikalischen und linguistischen Elementen zusätzliche Einflüsse geben muss. Sehr wahrscheinlich ist der schnörkellose Sprachstil auf den besonderen historischen Hintergrund zurückzuführen. In den zahlreichen norddeutschen Hansestädten lebte man ja vom Handel, dabei mussten Geschäftspartner mit der gesprochenen Rede überzeugt werden, etwas zu kaufen oder zu verkaufen. Kein Wunder also, wenn man sich in Norddeutschland so klar und deutlich ausdrückt, die Grammatik korrekt verwendet und auf diese Weise seine eigene Sprache auf ein intellektuell höchst anspruchsvolles Niveau hebt. Aber nicht nur die sprachlichen Erfahrungen der vergangenen drei Jahre im Norden Deutschlands haben viele schöne Erinnerungen hinterlassen. Eines meiner ersten Erlebnisse gleich zu Beginn meiner Amtszeit, das mir persönlich große Genugtuung verschaffte, war der Vertragsabschluss zwischen einer japanischen Fluggesellschaft und Airbus. Dabei ging es um sechs A380. Bis dahin war nämlich Japan das einzige Industrieland gewesen, das bei diesem Flugwunder der Technik noch nicht zugegriffen hatte. Ich hoffe, andere japanische Fluggesellschaften werden diesem Beispiel folgen, was wiederum einen positiven Effekt auf die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Japan und Norddeutschland hätte."

Über die aktuelle Situation in Japan schreibt Seisuke Narumiya:

"Die Bevölkerung Japans kämpft zurzeit mit den Folgen einer Naturkatastrophe, deren ungeheures Ausmaß eine große Prüfung für mein Land darstellt. Wir Japaner werden an unsere physischen und psychischen Grenzen gehen müssen, um menschliches Leid und materielle Zerstörung im Lauf der Zeit zu überwinden. Die tiefe und aufrichtige Anteilnahme, die uns von allen entgegengebracht wird, ist dabei Trost und Hilfe."