Wie die Kanzlerin die Atomkatastrophe überstehen wird

Das Beben und die anschließende Nuklearkatastrophe in Japan haben auch die deutsche Politik schwer erschüttert. Vor allem das Regierungslager mit seinem atomfreundlichen Kurs. Schadensbegrenzung und Neuorientierung sind gefragt. Keine leichte Aufgabe, und ohne Verluste wird das nicht abgehen. Die ersten haben CDU und FDP bei den Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag hinnehmen müssen. Den Liberalen droht derzeit der GAU - personell wie inhaltlich.

Für die Kanzlerin gestaltet sich die Lage aber etwas anders. Mit ihrer Rolle rückwärts in Energiefragen samt Moratorium und Kommissionitis vermag sie niemanden zu überzeugen, der schon immer gegen Atomstrom war. Stattdessen wird Verwirrung in die eigenen Reihen getragen, und die wichtigsten Verbündeten aus der Wirtschaft werden verunsichert und aufgebracht. Mit RWE klagt schon der erste Konzern gegen die mit heißer Nadel gestrickte Abschaltorder für Altrektoren. Tatsächlich ist der juristische Untergrund schwankend, und es bedürfte keiner Klagewelle, um diese Rechtskonstruktion zum Einsturz zu bringen.

Die droht aber auch gar nicht. Selbst RWE klagt nur ein bisschen und verzichtet auf das mögliche Wiederanfahren seines Kraftwerkes in Biblis. Man wolle aus aktionärsrechtlichen Gründen nur die juristischen Fragen klären. Heißt es.

Vor allem aber wollen alle Beteiligten Zeit gewinnen. Merkel hat sie. Denn die nächste Bundestagswahl droht ihr erst 2013. Anders als ihr sozialdemokratischer Vorgänger Gerhard Schröder, der 2005 nach dem Verlust von Nordrhein-Westfalen die Reißleine zog, vorgezogene Neuwahlen einleitete und sich verzockte, weiß sie ihre Fraktion hinter sich und den geschwächten Koalitionspartner diszipliniert.

Irgendwann wird sich die Atomdebatte beruhigt haben. Dann hat auch die aus ehrenwerten Persönlichkeiten bestehende Ethikkommission vor allem dem eigenen Anhang erklärt, warum es doch nicht ganz falsch wäre, aus der Kernenergie auszusteigen. Dann kann auch Angela Merkel die politischen Folgeschäden wegräumen und ihre Reihen neu ordnen. Und die Grünen werden ihren Leuten erklären müssen, dass ohne Leitungen auch kein Ökostrom aus der Steckdose kommt. Auch wird sich das Land wieder über Schulden, Arbeitsplätze und anderes streiten. Kurz: Auch nach der größten Katastrophe kehrt irgendwann wieder der Alltag ein. Und im grauen Alltag ist die Kanzlerin unbestrittene Meisterin. Sie jetzt schon abzuschreiben wäre deutlich zu früh.