Das Traditionslokal Ratsherrn-Eck schließt nach 100 Jahren

Nienstedten. Wieder stirbt ein altes Stück Hansestadt. Das Nienstedtener Ratsherrn-Eck - ein im Hamburger Westen weithin bekanntes Traditionslokal - hat zum April für immer geschlossen, nach rund 100 Jahren Kneipenbetrieb an diesem Platz.

Ortstermin am Donnerstagabend in der Straße Quellental: Das Ratsherrn-Eck hat zum letzten Mal geöffnet. "Die Entscheidung zu schließen haben wir uns nicht leicht gemacht", sagt Klaus Küster, 69, während er permanent Hände schüttelt und Geschenke entgegennimmt. Küster ist der Betreiber des Ratsherrn-Ecks. Gemeinsam mit seiner Frau Annegret, 63, serviert er hier frisch gezapftes Pils genauso wie herzhafte Gulaschsuppe - und zwar seit 1976. Die Wirtschaft selbst besteht schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts.

Doch jetzt ist Schluss. "Uns blieb keine Wahl: Wir sind für diese Arbeit mittlerweile einfach zu alt und gesundheitlich nicht mehr fit genug", sagen die Küsters unisono. Das Aus fürs Ratsherrn-Eck trifft in Nienstedten offensichtlich auf großes Bedauern: Mehr als 200 Menschen sind zur Abschiedsfeier gekommen und drängen sich im und ums Lokal - dabei ist die kleine Gaststätte normalerweise gerade mal für 55 Gäste ausgelegt. Tenor der Besucher: "Das Ratsherrn-Eck ist doch unser zweites Wohnzimmer."

Die Küsters haben nun nicht nur das Ratsherrn-Eck, sondern das gesamte Gebäude samt ihrer über dem Lokal gelegenen Wohnung verkauft. Sie ziehen nach Rissen. Das Haus mit dem Ratsherrn-Eck soll demnächst zu einem Wohnkomplex umgestaltet werden - denn weiterführen wollte das Nienstedtener Traditionswirtshaus niemand.