Die Islamkonferenz darf nicht überfrachtet werden

Ganz zweifellos gehört das Christentum zu Deutschland und zu seinen Traditionen. Es gehört so sehr dazu, dass es bis heute keine ausdrückliche Trennung von Kirche und Staat wie etwa in Frankreich gibt. Als nach dem Krieg das Grundgesetz erarbeitet wurde, fanden in Anlehnung an die Weimarer Verfassung auch der Gottesbezug in der Präambel und Sonderrechte für die Kirche wie die staatliche Garantie des Religionsunterrichts Eingang.

Der Islam hat keine solche Tradition in Deutschland. Und als die Mütter und Väter des Grundgesetzes ihre klugen Gedanken zu Papier brachten, konnten sie nicht ahnen, dass Jahrzehnte später Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland leben würden - mit ihnen der Islam also Realität geworden ist: mit oder ohne Tradition. Laut Grundgesetz stehen Moslems die gleichen Rechte zu wie jedem Bürger. Aber hier lauert schon die nächste Schwierigkeit. In ihrer Organisationsstruktur sind die islamischen Gemeinden nicht mit den christlichen vergleichbar. Sie kennen weder Papst noch Bischöfe noch EKD und wollen das auch nicht.

Einen Dialog mit den Moslems in Deutschland zu führen, wie ihn der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble begonnen hat und seine Nachfolger fortführen, ist immens wichtig für Integration, besseres Verständnis füreinander und friedliches Zusammenleben. Dass sich das verfassungsrechtliche Grundproblem in lockeren Gesprächsrunden lösen lässt, kann aber getrost bezweifelt werden. Die christlichen Kirchen werden verständlicherweise keines ihrer Vorrechte aufgeben wollen. Und der Islam passt in seiner Vielfalt und so, wie seine Gemeinden organisiert sind, nicht ohne Weiteres in unser Rechtssystem. Eine verfassungsändernde Mehrheit, die am Verhältnis von Kirchen und Staat etwas korrigieren könnte, ist nicht in Sicht.

Der Dialog der Religionen wird also ein sehr langer und ergebnisoffener werden. Erfolge können peu à peu in praktischen Dingen erreicht werden. Den Dialog mit Grundsatzfragen abendländischer Tradition zu befrachten, die zudem nicht nur christlich oder christlich-jüdisch ist, sondern sich genauso aus Antike und Aufklärung speist, ist wenig hilfreich. Ihn angesichts islamistischen Terrors gar auf Sicherheitsfragen auszudehnen, wie es Innenminister Friedrich gerade versucht, ist kontraproduktiv, weil damit eine ganze Religion in Generalverdacht genommen wird. So kommt schneller der große Bruch als kleine Fortschritte.