Ein Kommentar von Sven Stillich

Bis vor Kurzem habe ich keinen Gedanken daran verschwendet, dass ich einmal "Grün-Rot" sagen würde, statt "Rot-Grün". Die "Rotgrünelandesregierung" war so eingeübt, dass es sich anfühlte, als sei es ein einziges Wort. Als sich bei der Wahl in Baden-Württemberg jedoch die Machtverhältnisse umdrehten, drehten sich auch die Wörter in meinem Mund, und es fühlte sich ungewohnt an. Nicht ganz so ungewohnt, als müsste ich "FDP/CDU-Regierung" oder "Grün-Schwarz" sagen. Aber: Die Mühe, die es mich kostet, die politischen Farben in ihrer neuen Reihenfolge auszusprechen, zeigt mir, wie schwierig es ist, mein Denken an die neue Wirklichkeit im Land anzupassen.

Auch ansonsten geht das nicht so schnell. Denn Namen haften sehr stark. Zumeist werden Begriffswechsel von langer Hand geplant und verordnet - "Raider heißt jetzt Twix", die Musikhalle nennen wir jetzt Laeiszhalle und Ceylon ist jetzt Sri Lanka -, aber immer wird eine Gruppe von Menschen sich dem verweigern. Sie wird weiter "Mark" sagen und mit Euro bezahlen. Oder weiter Karten für die "AOL-Arena" kaufen, obwohl das Stadion inzwischen anders heißt. Es gibt sogar Leute, die zu Ostdeutschland immer noch "Zone" sagen.

Grund für das Festhalten an Gewohntem sind meist Sentimentalitäten, Erinnerung an alte, "bessere" Zeiten. Mal sehen, wie sich "Grün-Rot" abseits des politischen und journalistischen Betriebs schlagen wird.