Ein Kommentar von Joachim Mischke

Wer zweimal lügt, dem glaubt man nicht. Und wer noch viel öfter so bauen ließ, wie es in den nüchtern durchkalkulierten Teilen der gesichtslosen HafenCity haufenweise passiert ist, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn er nun ausgerechnet die Unberechenbarkeit von Kunstproduktion als Standortvorteil bejubelt.

Je länger und ergebnisloser sich die Expertentagung zur Zukunft des Oberhafenquartiers als künstlerisch wertvolles Areal hinzog, desto öfter raunte eine skeptische Stimme im Hinterkopf die Worte Ablasshandel und Feigenblatt. Eine Hafenrand-Brache in Top-Lage in blühende Landschaften verwandeln zu wollen, das wäre ein mutiger Kurswechsel. Aber nur, wenn es nicht mit dem Bau eines Potemkinschen Künstlerdörfchens erkauft wird, in dem man sich selbst und Touristen vorspielt, wie tolerant und großzügig man hier mit Kultur umgeht. Solche Streichelzoos mit schöngeistigen Selbstausbeutern sind nur zynische Fassade.

Einige der reizendsten Stücke, die dem Komponisten John Cage passierten, sind durch das neugierig-entspannte Zulassen des Zufalls entstanden. Falls Hamburg es beim Thema Oberhafenquartier wirklich und wieder mal ernst meinen sollte mit dem Selbstverständnis als Kulturstadt von europäischem Format, wäre eine vorausdenkende Kosten-Nutzen-Rechnung auf Nummer sicher der beste Weg, auch dort das ehrgeizige Ziel zu verfehlen. So kann das nicht klappen.